Geschichten und Heldinnen

Ein Book Reading Club für Mädchen

Woran denken die Mädchen, wenn sie nach ihren Heldinnen gefragt werden? Vielleicht an bekannte mutige, hoffnungsvolle, zielstrebige und selbstbewusste Mädchen oder aber auch an inspirierende Frauen aus ihrem persönlichen Umfeld. Vielleicht denken einige an ‚Malala‘, die genau wie sie selbst ihr Herkunftsland verlassen musste, weil sie aufgrund ihres Geschlechts von den Bildungsmöglichkeiten ihres Heimatlandes Pakistan ausgeschlossen wurde. Bereits mit elf Jahren begehrte die Pakistanerin Malala gegen die Taliban auf, als diese ihre Mädchenschule schließen wollten. 2012 erlangte sie internationale Aufmerksamkeit, als sie einen Mordanschlag durch die Taliban schwer verletzt überlebte. Sie flüchtete mit ihrer Familie nach England, wo sie sich weiterhin für das Recht von allen Mädchen auf Bildung einsetzt. Für ihr Engagement erhielt sie mit 17 Jahren sogar den Friedensnobelpreis. 

Die Geschichte von Malala ist nur eine von vielen, die im Reading-Club gelesen und diskutiert werden können. Auch andere Bücher beschreiben die Herausforderungen und Erfahrungen von starken Protagonistinnen, die sich jenseits von genderstereotypen Mädchenrollen bewegen. Durch gezielt ausgewählte Literatur fördert der Book Reading Club mit abenteuerlichen, wegweisenden oder lustigen Geschichten die Auseinandersetzung mit einer Vielfalt an Lebensbiografien. Die Mädchen lernen Heldinnen, mit unterschiedlichen Lebenskonzepten kennen, die sich abseits bestehender geschlechterbedingter Benachteiligung, Einschränkungen oder Rollenklischees bewegen.

Ein Book Reading Club als psychosoziale Unterstützung

Ein Ziel des Projekts ist die Förderung von Selbstwirksamkeit, individuellen Ressourcen und Bildung der teilnehmenden Mädchen. Das Projekt stellt bewusst starke und selbstbestimmte Protagonistinnen in den Fokus, um in einem geschützten Umfeld Gespräche über geschlechtsspezifische Stereotypen und mögliche Herausforderungen anzuregen. Die Mädchen können sich dabei mit den pädagogisch und psychologisch ausgebildeten Mitarbeiterinnen sowie auch mit Gleichaltrigen austauschen. Dies kommt zum einen den entwicklungspsychologischen Bedarfen der Adoleszenz nach einer Auseinandersetzung mit Vorbildern und eigenen Identitäten im Erwachsenenalter nach. Zum anderen ermöglicht es auch neue, bestärkende Perspektiven auf die eigene Lebensrealität und erweitert den Wissensschatz der Teilnehmerinnen.

Sie lernen weibliche Vorbilder und Heldinnen aus der Literatur kennen, welche sie motivieren und sie auf ihrem Weg der Eigenaktivierung unterstützen. Sie begleiten Protagonistinnen mit unterschiedlichen Hintergründen und Herkünften bei deren Bewältigung schwieriger Erlebnisse und Herausforderungen und können neue Blickwinkel in Bezug auf ihre eigene Lebensbiografie gewinnen. Der Book Reading Club bietet eine Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit entwicklungsrelevanten und geschlechtsspezifischen Themen, die den Mädchen mithilfe spielerischer Methoden näher gebracht werden. Nicht zuletzt wird auch die Bildung der Heranwachsenden innerhalb einer produktiven Strukturierung des Alltags gefördert.

Mögliche Umsetzung des Book Reading Clubs

Der Book Reading Club kann wöchentlich in geeigneten und entsprechend ausgestatteten Räumlichkeiten stattfinden (siehe hierfür auch das Projekt Mädchentreff). Die Anwendung verschiedener Methoden kann dabei auch Mädchen mit geringen Sprach- und Schriftkenntnissen den Zugang zur Literatur erleichtern. Für die Anleitung der Teilnehmerinnen empfiehlt sich die Arbeit mit geeignetem Fachpersonal. Einzelne Bücher können zunächst vorgestellt und dann gemeinsam in der Gruppe ausgewählt werden.

Kreative Aktionen erlauben eine Vertiefung der Geschichte durch Rollenspiele oder das Malen von Bildern. Die szenische oder künstlerische Auseinandersetzung mit Geschichten ermöglicht eine Identifikation mit Charakteren und erlaubt neue Perspektiven und Vorstellungen. Dialogisches Vorlesen kann die Mädchen dazu anregen, offene Fragen oder eigenes Wissen in das Thema einzubringen und zu diskutieren. Eine interaktive Einbindung fördert oftmals die Konzentration und kann helfen Sprachbarrieren besser zu bewältigen. Durch Vorlesen und Visualisieren können Geschichten wirkungsvoll erzählt und verstanden werden. Die visuelle Begleitung des Gehörten führt zudem dazu, dass auch Mädchen mit geringen Deutschkenntnissen der Handlung folgen können. Eine Literaturliste mit altersgemäßen Empfehlungen können Sie dem PDF unten im Kasten entnehmen.


Mögliche Anzahl der Teilnehmerinnen: flexibel, hier 5-10 
Geeignete Altersgruppe: 10-20 Jahre (Literatur sollte altersgemäß gewählt werden) Benötigte Materialien: Literatur und Fachliteratur, ein sicherer Ort, je nach Bedarf auch Tische und Stühle, Regale, Tafel, Projektor, Blöcke, Stifte, Kreide u.ä.
Zeitrahmen: flexibel, z. B. einmal wöchentlich für 2 Stunden oder als Workshop
Empfohlene Kooperationen: pädagogisches oder psychologisches Fachpersonal, nach Bedarf auch Theaterpädagog*innen oder -Therapeut*innen, Bibliothekar*innen mit entsprechendem Fachwissen

Das Book Reading Club-Projekt mit Literaturliste als PDF zum Ausdrucken

Impressionen vor Ort