Geflüchtete im Libanon: Kindheit in einer Krisenregion
Im Libanon leben über eine Million Geflüchtete aus Syrien. Die meisten von ihnen in provisorischen Siedlungen, oftmals bestehend aus einfachen Zelten. Nur minimal sind diese gegen Hitze und Kälte isoliert. Gerade den Kindern im Camp bieten sie nicht mehr als den notdürftigsten Schutz. Claudia Kepp, Head of Media von Save the Children Deutschland, hat im August einige unserer Projekte im Libanon besucht und schildert im Interview ihre Eindrücke.
1. Welche Region im Libanon hast du besucht?
Claudia Kepp: Kürzlich war ich im Nordlibanon, in der Nähe von Arsal und in Beirut. Save the Children hat dort Schutz- und Spielräume eingerichtet, damit die Mädchen und Jungen auch in der unterrichtsfreien Zeit eine Betreuung erhalten und damit etwas Abwechslung in ihren Alltag einzieht.
2. Wie sieht der Alltag für die Menschen dort konkret aus?
Claudia Kepp: Im Libanon leben über eine Million Geflüchtete aus Syrien. Die meisten von ihnen haben Zuflucht in informellen Siedlungen gefunden – sehr oft in Zelten, ganz ohne Komfort. Viele Familien haben notdürftig mit Dämmmaterial die Unterkünfte isoliert gegen Hitze und Kälte. Dennoch sind die Zelte karg oder gar nicht möbiliert und oft nicht mehr als ein notdürftiger Schutz.
Viele Kinder arbeiten, um für die Familien wenigstens etwas zu verdienen – für Erwachsene gibt es so gut wie keine Arbeitsmöglichkeiten. Zudem steigt immer mehr der politische Druck im Libanon, damit die Menschen wieder nach Syrien zurückkehren. Es gibt inzwischen auch Abschiebungen nach Syrien, gegen die sich Save the Children gemeinsam mit anderen NGOs ausgesprochen hat. Dadurch wächst auch die Sorge der Familien um ihre eigene Sicherheit.
3. Welche Gefahren gibt es insbesondere für die Kinder? Haben sie eine Kindheit?
Claudia Kepp: Im Libanon habe ich zwei Mädchen kennengelernt, die fröhlich und offen auf mich zukamen. Sie haben gelacht, gespielt und in unseren Schutz- und Spielräumen gelernt. Trotz allem, was sie erlebt haben. Diese zwei verströmten eine ungeheure Kraft und Lebensfreunde und ja, sie haben eine Kindheit. Dennoch besteht für junge Mädchen die Gefahr, frühverheiratet zu werden und insgesamt sind Kinder oft die einzigen, die das Überleben ihrer Familie zumindest annährend sichern. Sie verkaufen Taschentücher am Straßenrand, helfen auf Feldern oder übernehmen Gelegenheitsarbeiten. Leider oft mit dem Resultat, dass sie keine Schule mehr besuchen. Das müssen wir aber mit aller Kraft vermeiden, denn sonst verpassen diese Kinder ihre Chance auf ein eigenständiges Leben.
4. Was hat dich besonders bewegt?
Claudia Kepp: Die Kraft der Menschen, die unter sehr schwierigen Umständen, das Beste für ihre Familien erreichen wollen. Die Liebe, mit der sie ihre Kinder umgeben und auch ihre Gastfreundschaft. Ich wurde in den ärmsten Behausungen zum Kaffee eingeladen, mit Obst versorgt. Es gab zudem eine große Offenheit, uns über ihre Erlebnisse zu erzählen. Nicht ohne die Bitte, dass die Welt sie nicht vergessen möge. Ich jedenfalls werde meine Begegnungen noch lange in Erinnerung behalten.
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