Es geht um Millionen Kinderleben
Anfang der Woche habe ich in Berlin an der Wiederauffüllungskonferenz der Gavi-Impfallianz teilgenommen, bei der frisches Geld gesammelt werden sollte. In den letzten Jahren konnten durch die Initiative 500 Mio. Kinder in Entwicklungsländern geimpft werden. Ich bin beeindruckt davon, wie Gavi es geschafft hat, Politik, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören.

Ein kluger Schachzug: Finanzielle Zusagen vor großem Publikum
Das Ziel der Konferenz lautete, 7,5 Milliarden US-Dollar einzusammeln. Es ist gelungen! Manche haben das Doppelte oder sogar Dreifache ihres bisherigen Beitrags zugesagt, Deutschland steuert 600 Mio. Euro dazu. Die Nehmerländer verpflichteten sich, einen Teil der Impfkosten zu übernehmen und ihre Investitionen in die Gesundheitssysteme ihrer Länder zu vergrößern. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie Save the Children versprachen, Gavi vor Ort zu unterstützen. Durch die konzentrierte Bündelung kann zudem eine noch größere Nachfrage geschaffen werden, so dass die Preise der Pharmaindustrie deutlich verringert werden. Alle Entscheider werden ihren Zusagen nun Taten und Zahlungen folgen lassen müssen. Entscheidend ist auch, dass alle Kinder geimpft werden, egal wo sie geboren werden.
Wir haben schon viel erreicht, aber es ist noch nicht genug
Auch wenn Gavi bis heute enormes geleistet hat, geht bis jetzt immer noch eines von fünf Kindern bei den lebensrettenden Impfungen leer aus. Eins von fünf Kindern, das wahrscheinlich nicht einmal seinen 5. Geburtstag erlebt. Jedes Jahr sterben 6,3 Mio. Kinder an vermeidbaren Krankheiten. Mit den gestrigen Zusagen können wir 300 Mio. Kinder mehr impfen und damit 5 bis 6 Millionen Leben retten.
Die Gesundheitsarbeiter vor Ort sind die Helden der Initiative
Besonders beeindruckt haben mich auf der Konferenz die Reden derer, die vor Ort den Unterschied machen: Mediziner, die sich darum kümmern, dass auch Kinder erreicht werden, die keinen direkten Zugang zu Ärzten oder Krankenstationen haben. Diese engagierten Menschen fahren auf ihren Motorrädern in die hintersten Winkel eines Landes oder laufen sechs lange Stunden durch den Busch, um auch hier noch Kinderleben zu retten. Denn im Kongo zum Beispiel, wo auch Save the Children tätig ist, werden in den reichen Gebieten mindestens doppelt so viele Kinder geimpft wie in den armen, manchmal sind es auch 70 zu 10 Kindern. Das ist ungerecht, denn Gesundheit ist ein verbrieftes Kinderrecht. Es ist unsere Pflicht, dafür zu kämpfen, dass dieses Recht für alle Kinder gilt..
Ebola muss uns eine Lehre sein
Impfungen sind höchst effektive Investitionen in die weltweite Entwicklung. Gesunde Kinder kommen besser in der Schule voran und sie werden produktive, weil gesunde Erwachsene. Die aktuelle Ebola-Epidemie konnte deshalb so verheerend wüten, weil die Gesundheitssysteme in den Bürgerkriegs-geplagten Ländern ohnehin auf sehr schwachen Beinen standen. In Ländern wie Sierra Leone und Liberia liegt die Gesundheitsversorgung nun am Boden. Das bedeutet: Millionen von Kindern werden nicht geimpft, weil über Ebola hinaus so gut wie keine Gesundheitsfürsorge stattfinden kann.
Ich bin deshalb sehr erleichtert, dass sich bei der heutigen Konferenz alle gegenseitig in dem Anliegen bestärkt haben, vor allem langfristig zu investieren. Save the Children drängt schon lange darauf, dass wir Leid geplagten Ländern nicht den Rücken kehren dürfen, sobald „das Schlimmste vorüber“ ist – was heißt das auch? Ebola kann unter den derzeitigen Bedingungen jederzeit wieder auftreten.
Wenn ich eines von dieser Konferenz mitnehme, dann die Gewissheit, dass wir fast alles erreichen können, wenn wir – über Grenzen und Vorbehalte hinweg – alle an einem Strang ziehen.
Über die Autorin: Kathrin Wieland ist die ehemalige Geschäftsführerin von Save the Children Deutschland. In Blog-Artikeln erzählte sie regelmäßig von ihrer Arbeit und der Arbeit ihrer Kollegen in Krisenregionen weltweit.