"Es gibt nichts schlimmeres als schweigende Kinder"
Maria* ist Psychologin und kommt aus der Ukraine. Sie arbeitet mit Kindern, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind. In einem Brief erzählt sie von ihren Erfahrungen mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen, die den Krieg erlebten.
Mein Name Ist Maria*. Ich bin eine Psychologin aus der Ukraine und arbeite für eine Partnerorganisation von Save the Children in Polen. Ich möchte Ihnen erzählen, wie es ist, mit Kindern zu arbeiten, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind.
Die Traumata, die ich in den Kinder sehe, sind furchtbar. Es sind Traumata, die sich verstecken. In den ersten Tagen haben die Kinder nichts gesagt. Sie waren aus Städten wie Mariupol, Izum, Dobropilla geflohen und saßen einfach stumm da.
Durch Spiele besser mit Angst umgehen
Nur mit Spielen oder mit anderen Kindern zusammen kann ich ihnen dabei helfen, über ihre Gefühle zu sprechen. Ansonsten sind sie still. Kinder können in ihrer Angst gefangen sein – sie können noch nicht einmal ihrer Mutter, ihrem Vater oder Freunden davon erzählen. Aber in einem Spiel mit einer Psychologin klappt es. Dabei wird es für sie klarer und verständlicher – und letztlich können sie ihre Angst dann akzeptieren und sich weiter öffnen.
Kinder so zu unterstützen, ist so wichtig. Denn wenn man das nicht tut, kannn es ihr ganzes Leben und auch ihre Zukunft beeinflussen. Die Kinder können ängstlich werden und aggressiv. Emotionale Traumata können auch zu körperlichen Beschwerden führen und noch schlimer: selbstverletzendem Verhalten. Kein Kind sollte so etwas jemals erleben.
Gefühle durch Bilder ausdrücken
Wir sprechen mit den Kindern nicht über das Trauma. Wir sprechen mit ihnen so, dass sie verstehen, dass sie jetzt in Sicherheit sind. Ich nutze spezielle psychologische Spiele und Übungen und schlage ihnen oft vor, etwas zu malen. Wenn Kinder still sind, ist es oft leichter für sie, eine Situation zu zeichnen oder durch Bilder zu zeigen, was sie fühlen.
Wir sprechen dann mit den Kindern über ihre Bilder und können uns so mit ihnen auch ein bisschen vom Bild selbst lösen. Sich Psycholog*innen zu öffen, Lehrer*innen oder einander, ist sehr wichtig. Kinder kommen zu mir, nehmen meine Hand und sagen „Schau, das ist mein Bild. Schau mal, was es ist.“ Am wichtigsten aber ist die Wärme und die Aufmerksamkeit, die sie dabei bekommen. Weil die Kinder dann merken, dass sie wichtig sind und ernstgenommen werden.
Kindern Wärme und Aufmerksamkeit geben
Als ich zwei Mädchen im Teeniealter aus Dobropilla getroffen habe, haben sie erst gar nichts gesagt. Ich habe die Sitzung verlängert, bin geblieben und dann haben wir gesprochen. Es war wichtig, dass ihnen jemand Aufmerksamkeit gibt. Sie brauchten es, dass ihr Schmerz und ihre Angst gehört werden.
Als Psychologin geht mir das sehr nahe. Sogar meine Stimme bricht ein bisschen, wenn ich darüber spreche, weil ich mir wirklich so sehr Frieden für alle Kinder aus der Ukraine wünsche. Ich liebe das Land so sehr. Ich komme selbst aus Mariupol und das ist emotional für mich. Ich habe mit so vielen Kindern gesprochen und weiß, dass sie eines gemeinsam haben: Sie wollen wieder nach Hause.
Leider können wir das nicht möglich machen, aber mit Ihrer Hilfe können wir sie hoffentlich dabei unterstützen, sich von ihren versteckten Traumata zu erholen, das Schweigen zu brechen und sich wieder sicher zu fühlen. Ihre Spenden machen das möglich. Herzlichen Dank!
Maria*
Kinder psychosozial unterstützen
Weltweit sind Millionen Kinder und Jugendliche von Kriegen und Katastrophen betroffen, die meist lebenslange negative Auswirkungen auf ihre mentale Gesundheit haben. In unseren Projekten helfen wir Kindern, mit ihren Erfahrungen umzugehen und leisten psychosoziale Unterstützung, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Helfen auch Sie Kindern weltweit und unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende. Vielen Dank!