Geflüchtete Kinder in Deutschland erleben diverse Formen der Benachteiligung
In Deutschlands Aufnahmeeinrichtungen für geflüchtete Menschen werden die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nicht ausreichend berücksichtigt. Dabei sind die Bedingungen, unter denen Kinder nach ihrer Flucht leben, ganz entscheidend für die Bewältigung belastender Erfahrungen.
Obwohl die Aufnahmeeinrichtungen auf einen kurzen Verbleib ausgerichtet sind, sind sie häufig über Monate oder sogar Jahre der zentrale Lebensmittelpunkt für Kinder. Für Familien ist das Leben in einer solchen Unterkunft besonders belastend – bei den Kindern kann es sogar eine gesunde Entwicklung beeinträchtigen. Das hebt eine Expertise hervor, die Save the Children gemeinsam mit Plan International zu Kinderschutzstandards in Unterkünften in Auftrag gegeben hat.
Belastungen für Kinder in Unterkünften wiegen schwerer als während der Flucht
Damit sich etwa Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen nicht verstärken, muss die Versorgung genau auf die Bedürfnisse der Kinder abgestimmt sein und die Umgebung die Erholung und Einkehr von Normalität fördern. "Die Belastungen nach der Flucht wiegen für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen noch schwerer als die Zeit vor und während der Flucht", erklärt der Autor der Expertise, Dr. Thomas Meysen vom SOCLES Institut, der zahlreiche nationale und internationale Studien auswertete und mit den Rahmenbedingungen der bundesweiten Asyl-, Aufnahme- und Hilfesysteme abglich.
Die Expertise gibt konkrete Handlungsempfehlungen, darunter die Schaffung von Gestaltungsfreiräumen für selbstbestimmte Familienleben sowie sicherer, anregender Umgebungen und Angebote für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen. Ein besonderes Augenmerk legt Meysen auf die Teilhabechancen an Leistungen der Gesundheitsvorsorge und der Kinder- und Jugendhilfe. In diesen Bereichen müsse man die individuellen Bedürfnisse geflüchteter Kinder und Familien endlich anerkennen und entsprechende Angebote entwickeln.
Gesunde und altersgemäße Entwicklung geflüchteter Kinder kaum möglich
Neben engen Wohnverhältnissen und fehlenden Rückzugsmöglichkeiten für Familien fehle es an Zugang zu Bildung, Förderung, Beratung und Therapien. Strenge Verwaltungsvorschriften und Reglementierungen sowie ein Mangel an Freizeitangeboten schränken die gesunde und altersgemäße Entwicklung der geflüchteten Kinder zusätzlich ein.
Für einheitliche Regelungen
Da jedes Bundesland seine eigenen Regelungen hat, bestimmt der Ort der Unterbringung, wie es einem Kind nach seiner Ankunft in Deutschland ergeht. Save the Children und Plan International setzen sich für bundesweit einheitliche Standards für die Unterbringung geflüchteter Kinder ein, die das Kindeswohl und die Bedürfnisse von Familien berücksichtigen.
In dem vom Bundesfamilienministerium geförderten Kooperationsprojekt 'Kinder schützen – Strukturen stärken!' begleiten und beraten Save the Children und Plan International die Regierungen der Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in der Schaffung einheitlicher Kinderschutzstandards. Im Fokus der Zusammenarbeit steht die Etablierung von Kinderschutzstrukturen innerhalb der Landesunterkünfte. Die Anschlussfähigkeit und Vernetzung zu den öffentlichen Kinderschutz- und Hilfesystemen der lokalen Strukturen sind dabei zentrale Aspekte.