Geflüchtete Kinder in Kenia: Schule trotz schwieriger Umstände
Weltweit sind mehr als 108 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten suchen unweit ihrer Heimat Zuflucht, weil sie hoffen, eines Tages nach Hause zurückkehren zu können. Im kenianischen Dadaab, unweit der Grenze zu Somalia, haben viele diese Hoffnung aufgegeben.

Dadaab
Was als Provisorium für Geflüchtete des Krieges in Somalia gedacht war, wurde zur Heimat für ganze Generationen Geflüchteter. Neben der anhaltenden Gewalt treibt auch die Dürre am Horn von Afrika bis heute Menschen nach Dadaab, die in ihrer Heimat alles verloren haben.
Save the Children unterstützt im Camp Kinder und ihre Familien in den Bereichen Bildung und Kinderschutz. Unsere Kolleginnen Susanne Sawadogo und Julia Gädke waren vor Ort und haben Aisha* getroffen. Die Zehnjährige ist seit frühester Kindheit gehbehindert. Kinder wie Aisha haben es in einem Geflüchtetencamp besonders schwer.
Inklusion, Bildung und Kinderschutz

Mit Hilfe von Save the Children kann die Zehnjährige die Schule besuchen. Unser Team vor Ort schickt morgens ein Auto, das Aisha zusammen mit anderen Kindern mit Behinderung zum Unterricht fährt. Ihre Schule ist eines von 26 alternativen Lernzentren, die Save the Children in Kenia betreibt – davon sind 14 in Dadaab. Hier werden insgesamt rund 10.000 Kinder, die noch nie zur Schule gegangen sind oder die Schule abbrechen mussten, auf den regulären Schulbesuch vorbereitet. Inklusion ist ein zentraler Bestandteil des Bildungsprojekts, das mit Mitteln der EU-Kommission (ECHO) finanziert wird.
Aishas Familie kam vor etwa 15 Jahren aus Somalia, nachdem die Dürre ihr die Lebensgrundlage genommen hatte.
Dass ihre Kinder zur Schule gehen, ist Fatuma ein echtes Anliegen. Ihr ältester Sohn machte letztes Jahr das Abitur. Bevor ihre jüngste Tochter von Save the Children unterstützt wurde, zahlte Fatuma aus eigener Tasche ein Taxi von dem Geld, das sie vom Wäschewaschen für die Nachbarschaft verdiente.
Kinder möchten unbedingt lernen
„Ich hätte nicht gedacht, dass Kinder in Dadaab so motiviert sind zu lernen“, sagt Medienreferentin Susanne Sawadogo. „Denn sie haben ja keine Vorbilder, sie kennen fast niemanden, der eine Arbeit hat.“ Weil es keine Arbeitsgenehmigungen gibt, können die Menschen in Dadaab nur Hilfsjobs machen, etwa bei einer der Hilfsorganisationen im Camp. Das betrifft auch die meisten Lehrkräfte. Die Kinder werden überwiegend von Geflüchteten unterrichtet, von denen viele bereits selbst im Camp aufgewachsen sind. Sie haben nicht studiert, sondern wurden angelernt und enthalten eine kleine Aufwandsentschädigung. Aber für Aisha und andere Kinder könnte die Zukunft anders aussehen: Es gibt schon Pläne, die Situation der Geflüchteten zu verbessern und sie in die Gesellschaft zu integrieren.
Weniger Geld für humanitäre Hilfe schon jetzt spürbar

Die junge Generation muss auf diese Zeit vorbereitet werden, aber noch immer fallen viele Kinder im Dadaab-Camp durchs Raster: 42 Prozent gehen nicht zur Schule. Die Gründe sind vielfältig. Viele der Eltern haben selbst nicht Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt, sie können ihre Kinder zu Hause nicht unterstützen und haben keine Vorstellung davon, wie prägend und wichtig ein Schulbesuch für das Aufwachsen eines Kindes ist. Die Schule vermittelt nicht nur Fähigkeiten, die man für ein selbstständiges Leben braucht, sondern hier wird gespielt, gelacht, werden Freundschaften geschlossen. In Dadaab müssen vor allem die Mädchen schon früh häusliche Pflichten erfüllen, etwa Wasser holen oder auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen. Aber es gibt auch den Elternverein an der Schule, der versucht, andere Mütter und Väter von der Wichtigkeit von Bildung zu überzeugen.
Tukow Nuuh, der die Programme von Save the Children in Dadaab leitet, ist froh über das Engagement, verweist aber auch auf die finanziellen Engpässe: Die Projektmittel reichen nicht aus, um allen Kindern einen Platz in einer Schule anzubieten - geschweige denn, alle mit Schulessen und Schuluniformen zu versorgen. In Dadaab ist der Rückgang von Geldern für humanitäre Hilfe spürbar.
Kinder in Dadaab für die Zukunft stärken
Um die Auswirkungen dieser Krise auf das Leben der Kinder zu lindern, setzt unser Team in Dadaab neben Bildung auch auf psychosoziale Unterstützung. Sie wollen die Kinder für die Zukunft stark machen. Unsere Psychologinnen und Kinderschutz-Fachkräfte haben ein offenes Ohr für Kinder, die von Gewalt, sexuellen Übergriffen, Kinderarbeit oder Frühverheiratung betroffen sind. Sie versuchen, gemeinsam mit den Kindern und ihren Familien Auswege aus schwierigen Situationen zu finden. Manchmal hilft schon ein Bargeldzuschuss dabei, den Druck von den Familien zu nehmen und Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Manchmal genügt es Kinder zusammenzubringen, die Ähnliches erlebt haben, um ihnen neue Hoffnung zu geben.
„Der tägliche Einsatz und die Motivation unserer Kolleginnen dabei beeindruckt mich immer wieder“, sagt Julia Gädke, die in der Programmabteilung von Save the Children arbeitet. „Das motiviert uns selbst, weiterzumachen.“
* Namen zum Schutz geändert.