Hunger- und Bildungsnotstand im Jemen: Unser Einsatz für Kinder
Die Vereinten Nationen (UN) schätzen den seit sechs Jahren anhaltenden Konflikt im Jemen als die derzeit schlimmste humanitäre Krise der Welt ein. Die Zerstörung öffentlicher Infrastruktur und eine schwere Wirtschaftskrise treiben das Land an den Rand einer Hungernot und zwingen zahlreiche Menschen zur Flucht. Zudem können Millionen Kinder derzeit keine Schule besuchen, was die Zukunft ganzer Generationen bedroht.
Kinder, die im Jemen aufwachsen, kennen oftmals nichts anderes als ein Leben im Ausnahmezustand. Durch den anhaltenden Konflikt benötigen über 20,7 Millionen Menschen – und damit etwa 66 Prozent der Bevölkerung – humanitäre Hilfe oder Schutz. Mehr als die Hälfte dieser Menschen, rund 11,3 Millionen, sind Kinder.
Ein Großteil der notleidenden Menschen benötigt Ernährungshilfe. Wie so oft geht der Konflikt im Jemen auch mit einer Hungerskrise einher. Schon jetzt brauchen 3,2 Millionen Menschen dringend eine Behandlung aufgrund akuter Unterernährung. Zudem wird erwartet, dass in diesem Jahr 2,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren hungern werden. Darunter 400.000 Kinder, die akut bedroht sind, an schwerer akuter Unterernährung zu sterben.
Wie die kleine Noor* wieder zu Kräften kam
Die kleine Noor* hätte eines dieser Kinder sein können. Als wir sie im Dezember 2020 in einem Camp für Binnenvertriebene im Jemen trafen, war sie gerade einmal vier Monate alt und bereits von schwerer akuter Unterernährung betroffen. Ihre Mutter Safiya* erinnert sich noch gut daran, wie krank Noor* war. Damals hatte sie große Angst, ihre Tochter zu verlieren. In den Monaten nach der Diagnose ging sie mit Noor* zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen in ein von Save the Children gefördertes Krankenhaus in der Nähe des Camps. Hier wurde sie medizinisch versorgt und erhielt nahrhaftes Essen. Zudem wurde Safiya* von Fachpersonal zum Stillen und der Ernährung von Kleinkindern beraten. Sieben Monate später geht es der heute 14 Monate alten Noor* sichtbar besser.
Angriffe auf Schulen: Millionen Kinder ohne Zugang zu Bildung
Neben der im Jemen drohenden Hungernot befindet sich das Land in einer sich verschärfenden Bildungskrise. Derzeit können mehr als zwei Millionen Mädchen und Jungen keine Schule besuchen. Diese Zahl an betroffenen Kindern im schulpflichtigen Alter könnte auf sechs Millionen ansteigen, warnt ein neuer Bericht von UNICEF. Das hat dramatische Auswirkungen auf die Zukunft dieser Kinder: Vor allem für Mädchen steigt dadurch die Gefahr einer frühen Verheiratung und damit ihr Risiko, im Armutskreislauf gefangen zu bleiben. Zudem werden diese Kinder oft zur Kinderarbeit gezwungen oder sind besonders gefährdet, als Kindersoldat*innen rekrutiert zu werden.
Laut des aktuellen Berichts der UN zur Situation von Kindern in bewaffneten Konflikten ist der Jemen eines der Länder, in denen die größte Zahl schwerster Verbrechen gegen Kinder festgestellt wurde. Zu den weiteren Ländern, in denen 2020 schwerste Verletzungen gegen Kinder in bewaffneten Konflikten begangen wurden, zählen Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo, Somalia und Syrien. Zu diesen schweren Verletzungen gegen die Grundrechte von Kindern gehören auch Angriffe auf Schulen. Im Jemen kam es laut UNICEF seit März 2015 zu 231 solcher gezielten Angriffe auf Bildungsinstitutionen. Dabei wurden zahlreiche Kinder verletzt oder sogar getötet.
Save the Children ist seit Beginn des Konflikts im Jemen im Einsatz und leistet humanitäre Hilfe für Kinder und Familien in Not. Dazu gehört auch der Kampf gegen akute Unterernährung und für Kinder lebensbedrohliche, aber durch eine rechtzeitige Behandlung vermeidbare Krankheiten.