In eigenen Worten: Der junge Afghane Samad* über seine Flucht aus der Ukraine
Samad* ist 14 Jahre alt und musste innerhalb von einem Jahr gleich zweimal vor bewaffneten Konflikten fliehen, zunächst aus seiner Heimat Afghanistan und nun aus der Ukraine. Zurzeit hält er sich mit seiner Familie in einem Aufnahmezentrum in Rumänien auf, während sie sich über ihre nächsten Schritte beraten. Hier wurde Samad* in einem Schutz- und Spielraum von Save the Children betreut, sowie mit lebensnotwendigen Hilfsgütern versorgt.
Bis zum Juli 2021 lebte Samad* in Afghanistan. Sein Vater Mohammad* arbeitete in der Ukraine und hatte dort ein Haus. Als die Situation in Afghanistan eskalierte, war Mohammad* gerade bei seiner Familie und konnte seine Frau, Samad* und zwei seiner anderen Kinder in die Ukraine evakuieren. Dort lebten sie sich schnell in die Nachbarschaft ein und waren froh, in Sicherheit zu sein. Samad* fand neue Freunde und ging gern zur Schule.
Doch dann brach vor drei Wochen der Krieg in der Ukraine aus. Als Explosionen und Schüsse in der Nähe ihres Hauses zu hören waren, packte die Familie das Nötigste in ihr kleines Auto und trat erneut die Flucht an. Nach über 35 Stunden auf verstopften Straßen erreichten sie die Grenze zu Rumänien. In dieser Zeit schliefen sie in ihrem Auto und aßen Lebensmittel, die sie an Tankstellen kauften. Nun sind sie vorrübergehend in einem Ankunftszentrum in Rumänien untergekommen. Hier erzählt Samad* von seiner zweifachen Flucht vor dem Krieg und seinem Ausblick in eine ungewisse Zukunft.
"Letztes Jahr war ich in Afghanistan, (…) es herrschte Krieg und es gab Bombenangriffe. Das waren sehr schlimme Tage in unserer Stadt und in unserem Land. Viele Menschen wurden in diesem Krieg getötet. Dann haben wir Afghanistan verlassen.
Für mich war es sehr schwer [zu gehen], weil ich meine Schule, meine Freunde, mein Land und meine Stadt verlassen musste. Wir hatten [dort] Angst, dass wir nicht zur Schule oder zur Universität gehen können. Deshalb gingen wir nach Kabul und verließen [von dort aus] Afghanistan.
Als ich in die Ukraine kam, war das erste, was ich spürte, dass es hier gut ist, dass hier Frieden herrscht. Es gab keinen Krieg. Es war eine große Sache für mich, dem Krieg zu entkommen und an einem friedlichen Ort zu landen.
Ich habe Freunde [in der Ukraine] gefunden. Meine Freunde waren, nun ja, sehr wichtig, und es war sehr gut für mich, dass ich in die Schule kam und die Leute sehr freundlich zu mir waren.
Als [nun] der Krieg begann, war das sehr schlimm für mich. Ich fühle mich jetzt sehr schlecht und bin nervös.
Im Moment weiß ich nicht, wie es weitergehen wird. Wir haben in unserer Stadt [in der Ukraine] nichts [vom Krieg] gesehen, weil wir früh genug abgereist sind. Wir sind ins Auto gestiegen und nach vielen Stunden Fahrt kamen wir an der Grenze [zu Rumänien] an.
Da gab es eine sehr lange Schlange von Autos, weil alle vor dem Krieg fliehen wollten. So war es auch [damals] in Kabul. Viele Menschen wollten Kabul verlassen und an einen friedlichen Ort gehen. Genauso viele Menschen wollten nun auch [aus der Ukraine] fliehen, für ihre Kinder, für sich selbst.
Ich habe ja schon gesagt, dass wir im Moment nichts wissen. Was sollen wir tun? Wir sind in einem Camp [in Rumänien] und ich mache mir Sorgen um meine Zukunft. Ich möchte studieren. Ich möchte ein guter Mensch werden, für meine Familie, für meine Zukunft, für mich selbst."
Dieses Interview wurde aus dem Englischen übersetzt und ursprünglich von einem Save the Children Mitarbeiter in Rumänien im März 2022 mit Samad* geführt.
Immer mehr Kinder weltweit wachsen in bewaffneten Konflikten auf – wie in Afghanistan, Syrien, dem Jemen oder durch den jüngst in der Ukraine eskalierten Krieg. Unterstützen Sie unsere Nothilfe, um diesen Kindern ein Leben in Sicherheit und eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
*Name zum Schutz geändert