Kinderarmut in Europa muss stärker bekämpft werden
In Europa leben Millionen von Kindern in Armut. Das ist ein besorgniserregender Zustand, der dringend angegangen werden muss. Die Analysen des aktuellen Save the Children Berichts "Guaranteing Children's Future - How to End Child Poverty and Social Exclusion in Europe" zeigen, dass die Folgen der COVID-19-Pandemie die Lage noch verschärft haben.

Der Bericht analysiert die nationale Lage 14 europäischer EU- und Nicht-EU-Länder im Hinblick auf die Entwicklungen von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung und ruft die politischen Entscheidungsträger*innen dazu auf, die verfügbaren EU-Ressourcen voll auszuschöpfen. Denn das Ergebnis ist erschreckend: Die einzigen in dem Bericht genannten Länder, in denen die Kinderarmutsquote während der Pandemie nach den für 2020 verfügbaren Daten zurückging, waren Dänemark, Schweden und Litauen. Aber in vielen Ländern, darunter Deutschland, hat die Pandemie die Lage für arme und armutsgefährdete Kinder verschlimmert. Auch die Situation in Deutschland erfordert daher dringenden Handlung.
Kinderarmut in Deutschland
Kinderarmut ist ein blinder Fleck der deutschen Politik: Trotz einer langen Phase des Wirtschaftswachstums bleibt sie auf einem hohen Niveau und ist im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 sogar deutlich angestiegen. Die Analysen des aktuellen Armuts-Berichts zeigen, dass jetzt sogar mehr als ein Viertel der in Deutschland lebenden Kinder arm oder armutsgefährdet sind.
Kreislauf der Benachteiligung durchbrechen
Der Bericht unterstreicht einmal mehr die Zusammenhänge zwischen staatlichen Grundleistungen und der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Der Zugang zu Kinderbetreuung, inklusiven Bildungsangeboten, kostenloser und hochwertiger Gesundheitsversorgung und die Sicherung von angemessenem Wohnraum sind existenziell, um allen Kindern einen gleichberechtigten Start ins Leben zu ermöglichen. Denn nur so können Kinder soziale, kognitive und emotionale Fähigkeiten entwickeln und in ihr Erwachsenenleben übernehmen. Dennoch zeigen die Analysen des Berichts, dass Millionen von Kindern überall in Europa der Zugang zu genau diesen Leistungen fehlt. Der generationsübergreifende Kreislauf der Benachteiligung muss durchbrochen werden.
Kinderrechtegarantie: Chancengleichheit für alle
Die EU hat nun einen großen Schritt unternommen, um Kinder künftig besser vor Armut zu schützen und im Frühjahr dieses Jahres eine umfassende Kinderrechtestrategie vorgestellt – die sogenannte Kinderrechtegarantie: Sie bildet die Grundlage für das erklärte Ziel, die Chancengleichheit aller von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder in der EU zu fördern. Jetzt liegt der Ball bei den Mitgliedsstaaten. Bis März 2022 sollen diese angemessene nationale Aktionspläne entwickeln, um die Pläne der EU zu verwirklichen. Dafür braucht es auch in Deutschland einen umfassenden Ansatz, der Kindern den gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnraum und gesunder Ernährung garantiert. Um das zu gewährleisten, ist neben ehrgeizigen nationalen Zielen zur Bekämpfung von Kinderarmut auch eine nachhaltige Finanzierung nötig. Finanzmittel müssen langfristig eingeplant werden, damit Reformen effektiv wirken. Die vielen politischen Maßnahmen, die in Deutschland auf Kommunen-, Landes- und Bundesebene erlassen wurden, müssen aufeinander abgestimmt sein – sonst werden wir es auch künftig nicht schaffen, den blinden Fleck Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen.