Nordafrika: Geflüchtete Mädchen erleben Missbrauch
Achtung: In diesem Text geht es um Gewalt.
Jedes dritte Mädchen auf der Flucht in Nordafrika ist mit sexuellem Missbrauch konfrontiert. Das ist das Ergebnis des aktuellen Berichts „Girls on the Move in North Africa" von Save the Children. Sichere Fluchtrouten gibt es für sie nicht.
Sie fliehen vor Gewalt und Missbrauch in ihren Familien - und sind auf der Flucht oft genau diesen Gefahren ausgesetzt: In den Interviews für den neuen Bericht "Girls on the Move in North Africa" von Save the Children und dem internationalen Think Tank Samuel Hall gab jedes dritte Mädchen an, sexuellen Missbrauch oder andere geschlechtsspezifische Gewalt erlebt oder beobachtet zu haben. Jedes fünfte Mädchen nannte häusliche Gewalt als Grund für ihre Flucht, während jedes siebte Mädchen einer Zwangs- oder Frühverheiratung entgehen wollte. Die Interviews wurden im Jahr 2022 mit Mädchen und jungen Frauen im Alter von neun bis 24 Jahren geführt. Die meisten von ihnen waren aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara geflohen und nach Libyen, Tunesien oder Marokko gelangt, einige reisten auch weiter nach Italien oder Spanien.
Geflüchtete berichten von gewaltsamen Festnahmen
Die 20-jährige Rainatou* aus der Elfenbeinküste ist eine von ihnen. Sie flüchtete nach Spanien, nachdem ihr Vater sie misshandelte und in eine polygame Ehe mit einem viel älteren Mann zwingen wollte. Auch ihre Schwestern flüchteten. „Als mein Vater das herausfand, verbrannte er mir die Füße. Er sagte, wenn du keine Füße hast, kannst du nicht weggehen." Rainatou gelang trotz allem die Flucht. Auf sich allein gestellt und ohne Geld war sie fünf Tage lang zu Fuß unterwegs, bevor sie von einem Lastwagen in die nächste Stadt gebracht wurde. Auch Festnahmen und Inhaftierungen gehören zu den Risiken für Geflüchtete. Dies erlebte die 16-jährige Noella*, die ihre Heimat in Côte d'Ivoire verließ und heute in Italien lebt. Sie wurde von der libyschen Küstenwache abgefangen und in ein Internierungslager gebracht.
Sichere Fluchtrouten fehlen
Die Geschichten von Mädchen wie Rainatou* und Noella* zeigen: Sie werden auf der Flucht nicht geschützt und haben wenig Möglichkeit, in Sicherheit zu gelangen, ohne erheblichen Risiken ausgesetzt zu sein. Auch Deutschland macht es Geflüchteten extrem schwer. „Vor 30 Jahren verschärfte Deutschland das Asylrecht – seitdem ist es nahezu unmöglich, auf sichere Weise hierher zu gelangen. Gleichzeitig nimmt aber die Zahl der Geflüchteten weiter zu", sagt Dr. Meike Riebau, Expertin für Flucht und Migration bei Save the Children Deutschland.
Fluchterfahrung ist geschlechtsspezifisch
Vor diesem Hintergrund macht der Bericht auch deutlich: Hilfsmaßnahmen, die sich an geflüchtete Kinder und Jugendliche richten, sollten ausdrücklich einen geschlechtersensiblen und geschlechterübergreifenden Ansatz verfolgen. Der Bericht zeigt auch, dass sich die Erfahrungen von Mädchen in mehreren Punkten von denen von Jungen unterscheiden. Es sollte deswegen Wert darauf gelegt werden, Datenerhebungen nach Geschlecht aufzuschlüsseln, um zu vermeiden, dass geschlechtsspezifische Herausforderungen in aggregierten Daten "versteckt" werden und so Probleme von Mädchen auf der Flucht übersehen oder verschlimmert werden.
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* Namen zum Schutz geändert.