So kann Meena* aus Indien während der Covid-19-Pandemie weiterhin lernen
Durch die Corona-Pandemie sind die Kinderrechte auf Leben, Bildung, Schutz und Teilhabe bedroht. Die Folgen der Corona-Krise haben dazu geführt, dass mehr als 1,5 Milliarden Kinder weltweit zeitweise keine Schule besuchen konnten. In Indien sind viele Kinder stark von der anhaltenden Krise betroffen. Meena* ist eines von ihnen - aufgrund der Schulschließung stand sie kurz vor einem Schulabbruch.
Die Covid-19-Krise in Indien hat alarmierende Ausmaße angenommen. Krankenhäuser sind überfüllt, gleichzeitig geht vielerorts der Sauerstoff aus. Viele Menschen sterben, weil sie nicht behandelt werden können. Auch das Team von Save the Children ist betroffen: Mehr als 120 Mitarbeiter*innen in Indien sind an Covid-19 erkrankt, viele haben Familienangehörige verloren.
Wie in jeder Krise leiden vor allem Kinder auch während der Corona-Pandemie am meisten. Nach Angaben der UNESCO sind etwa 330 Millionen Kinder in Indien von den landesweiten Schulschließungen betroffen. Der Online-Unterricht erreicht hier nur zehn Prozent der Schulkinder. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen aus Projektgebieten, in denen Save the Children aktiv ist: Lediglich 12,5 Prozent der Familien haben Zugang zu internetfähigen Geräten, berichten Mitarbeiter*innen vor Ort. Selbst für diese Familien bleibt das Lernen schwierig, etwa weil sich mehrere Kinder ein Gerät teilen müssen. Infolge dieser Situation brechen immer mehr Kinder die Schule ganz ab.
Damit Kinder trotz der Covid-19-Krise lernen können, unterstützt Save the Children besonders gefährdete Kinder, sowie ihre Betreuungspersonen und Lehrkräfte. Darüber hinaus erhalten Kinder in den Projekten psychosoziale Betreuung und verbesserten Schutz im häuslichen Umfeld.
Ein Smartphone für neun Menschen: Hürden beim Online-Lernen
Eines dieser Kinder, denen im Rahmen unserer Bildungsprojekte in Indien geholfen werden konnte, ist Meena*. Sie ist 13 Jahre alt und besuchte vor Ausbruch der Pandemie die 7. Klasse einer Schule in Raiwadi, einem kleinen Ort südlich von Mumbai. Gemeinsam mit ihren sechs Geschwistern und ihren Eltern, die in der Landwirtschaft arbeiten, lebt sie in einer ländlichen Gemeinde. Ihre Eltern haben selbst nie eine Schule besuchen können. Zudem besitzt die neunköpfige Familie nur ein einziges Smartphone, das von allen gemeinsam genutzt wird. Für Meena* und ihre Geschwister war die regelmäßige Teilnahme am Online-Unterricht deshalb nur schwer umsetzbar.
In Meenas* Gemeinde ist das Risiko für Schulabbrüche aufgrund der schlechten technologischen Versorgung besonders hoch. Schulleiter*innen und Lehrer*innen hatten Schwierigkeiten damit, alle Familien zu besuchen und beim Lernen zu unterstützen. Daher wandten sich einige Lehrkräfte an ein Team von Save the Children vor Ort, um Familien dabei zu helfen, das Lernen trotz Lockdown in den Alltag zu integrieren.
Bei einem Besuch vor Ort stellten die Mitarbeitenden fest, dass Meena* tatsächlich kurz davorstand, die Schule abzubrechen. Sie versorgten Meena* mit Lehrmaterialien, damit sie auch ohne Internetzugang weiterhin Schreiben und Rechnen üben konnte. Die 13-Jährige gibt sich Mühe und lernt wieder regelmäßig für die Schule. Sie träumt davon, später selbst als Lehrerin zu arbeiten.
In der Gemeinde leben mehrere Mädchen und Jungen, die sich in der gleichen Situation befinden wie Meena*. Sie benötigen Unterstützung, damit sie nicht den Anschluss verlieren. Diese Kinder sind einem hohen Risiko ausgesetzt, die Schule abzubrechen und dadurch besonders gefährdet, etwa früh verheiratet zu werden oder arbeiten zu müssen, um ihre Familien zu unterstützen. Dank dieser und anderer Programme, die von Partnern wie tesa unterstützt werden, können wir gemeinsam dazu beitragen, dass benachteiligte Kinder weiterhin Zugang zu Bildung haben.
“Build Back Better“: bessere Bildung für Kinder nach der Pandemie
Im Rahmen unserer Partnerschaft mit tesa ist Save the Children im Bezirk Haveli Taluka im indischen Bundesstaat Maharashtra aktiv. Der Bundesstaat hat die zweithöchste Bevölkerungszahl in Indien. Der Großteil der Menschen, die hier leben, sind Tagelöhner*innen, Landarbeiter*innen und Migrant*innen.
Seit vier Jahren unterstützt Save the Children Schulen in Haveli. So ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Bezirksverwaltung entstanden. Dank der großzügigen Unterstützung durch tesa können wir nun Mädchen und Jungen in 40 weiteren Schulen und Vorschulen erreichen, die von den Schulschließungen und Lockdown-Maßnahmen betroffen sind. Durch die Ausweitung unserer Arbeit können wir knapp 10.000 Menschen zusätzlich unterstützen, darunter die Schulkinder selbst, ihre Familien, Verwaltungspersonal in den Schulen und öffentlich Beschäftigte im Bildungsbereich.
Wie Freiwillige in den Gemeinden Kinder beim Lernen unterstützen
Als Teil der Community-Outreach-Aktivitäten hat Save the Children das Konzept der sogenannten „Bal Rakshaks“ eingeführt – es bedeutet so viel wie ‚Menschen, die Kinder beschützen‘. Bal Rakshaks sind Freiwillige aus der Gemeinde, die Kontakt zu Kindern aufnehmen und sie intensiv beim Lernen begleiten. Sie erhalten für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung.
Nirmala Waman Magarist bereits seit Einführung des Programms als Bal Rakshak aktiv und unterstützt derzeit zehn Kinder. Sie ist selbst Mutter von drei Kindern und machte sich große Sorgen um die Bildung ihrer eigenen und die der anderen Kinder.
Wie sich die Situation entwickelt und welche Unterstützung wir leisten
Die alarmierende Situation in Indien kann nur mithilfe strenger Lockdowns unter Kontrolle gebracht werden. Diese bringen jedoch neue Risiken mit sich, insbesondere für die vielen Kinder und Familien, die in Armut leben. Wenn ihre Eltern aufgrund des Lockdowns nicht mehr arbeiten können oder selbst krank werden, hat dies dramatische Folgen: Nahrung wird noch knapper, vielen droht dann die Obdachlosigkeit. Kinder kranker Eltern werden nicht selten zu Waisen.
Unsere Teams vor Ort tun weiterhin alles in ihrer Macht stehende, um Kinder und ihre Familien zu unterstützen. Dabei hat es oberste Priorität, sichere Quarantäne- und Behandlungszentren einzurichten, Familien mit Nahrung zu versorgen und, wenn notwendig, psychologische Unterstützung zu leisten. Zudem verteilen wir Hygienesets für Kinder und finanzieren Krankentransporte.
Um unsere Covid-19-Nothilfe in Indien zu unterstützen, spendet tesa zusätzlich 250.000 Euro. Mit diesen Mitteln ist es uns möglich, neue Gesundheitszentren zu errichten, in denen bis zu 6.000 Covid-19-Patient*innen behandelt werden können. Außerdem lassen sich damit 10.000 Menschen mit Covid-19-Hilfekits, sowie 1.000 Menschen mit Grundnahrungsmitteln für einen Monat versogen. Darüber hinaus werden wir weitere 10.000 Schüler*innen mit Lern- und Spielsets ausstatten können.
*Name zum Schutz geändert