Syrien: Drei Millionen zerstörte Leben – drei Millionen tragische Geschichten
Heute ist eine weitere schreckliche Grenze im Syrien-Konflikt überschritten worden:
Drei Millionen Menschen sind nun auf der Flucht. Fast vier Jahre und 191.000 Tote später, benötigen inzwischen fast elf Millionen Menschen humanitäre Hilfe in Syrien. Das Land hängt am seidenen Faden.
Drei Millionen Flüchtlinge – und das sind nur diejenigen, die offiziell registriert wurden. Es gibt zweifelsohne noch mehr, die aber entweder nicht registriert sind oder für „nicht schutzbedürftig“ befunden wurden.
Drei Millionen Flüchtlinge, darunter mehr als eineinhalb Millionen Kinder!
Kinder wie Rana, die ich bei einem meiner ersten Besuche eines kinderfreundlichen Zentrums von Save the Children in Jordanien kennengelernt habe. Wir spielten mit einem Ball und sie sprach kein Wort mit mir. Ich dachte, sie sei nur schüchtern, aber meine Kollegen, die in dem Zentrum arbeiten, sagten mir, dass Rana seit Monaten nicht gesprochen hat – seitdem ihr Zuhause und ihre Familie angegriffen und sie aus Syrien fliehen musste. Die Erlebnisse haben sie so sehr traumatisiert, dass sie nicht mehr sprechen kann. Ich werde niemals ihr Lachen vergessen, wie sie über das ganze Gesicht gestrahlt hat.
Kinder wie Mais, ein neunjähriges Mädchen, das an einem unserer Bildungsprogramme in Ägypten teilnimmt. Sie hat ein Gedicht vorgetragen, dass sie selbst geschrieben hat. Es handelte von dem Schmerz, den sie empfindet, weil sie aus ihrer Heimat fliehen und das Land so zerstört sehen musste. Und es handelte davon, dass sie keine Hoffnung hatte, bis sie anfing, unser Bildungsprogramm zu besuchen.
Kinder wie Marwan, der mit seiner Familie vor dem Konflikt geflohen ist und nun in einer überfüllten Garage im Libanon wohnt. Trotz der schlechten Bedingungen und dem wenigen Geld sagt er, dass es trotzdem besser ist als in Syrien. Hier hat er nicht mehr jede Nacht Angst, zu sterben.
Und die unzähligen anderen Kinder, die ich in den letzten 3 Jahren getroffen habe und die unter diesem Konflikt am meisten leiden. Kinder, die Monate und Jahre nachdem sie Syrien verlassen mussten, unter Albträumen leiden. Kinder, die zu viel Angst haben, zur Schule zu gehen, obwohl sie in einem sicheren Nachbarland sind, weil sie mit ansehen mussten, wie ihre Schule in Syrien angegriffen wurde. Kinder, die nicht mehr verstecken, sondern Krieg spielen. Und das sind die Glücklichen, die es geschafft haben, zu fliehen. Über fünf Millionen Kinder benötigen dringend Hilfe in Syrien, sie erleben jeden Tag aufs Neue die Gräueltaten des Konflikts. Eine ganze Generation syrischer Kinder wurde ihrer Unschuld beraubt.
Der Konflikt in Syrien mag verzweifelt und hoffnungslos erscheinen, aber wenn ich unsere Projekte besuche und sehe, dass Kinder immer noch spielen und lachen – trotz ihrer Erlebnisse –weiß ich, dass sie die Hoffnung nicht aufgegeben haben. Und wir dürfen das auch nicht!
Die Drei-Millionen-Grenze wurde nun überschritten. Umso wichtiger ist es, dass wir Kinder wie Rana, Mais, Marwan und all die anderen nicht vergessen, die den höchsten Preis dafür zahlen müssen, dass die internationale Gemeinschaft sie nicht schützt. Solange dieser Konflikt andauert, werden Kinder leiden. Es ist längst überfällig, dass wir alle für die kleinsten Opfer dieses Konflikts einstehen und sie wissen lassen, dass die Welt sie nicht vergessen hat.
Save the Children hilft den Menschen im Syrien-Konflikt im Irak, Ägypten, Libanon und Jordanien durch Schutzplanen, Bildungsräume, sichere Räume für Kinder zum Spielen und Lernen, Gesundheits-und Ernährungeinrichtungen, Verteilung von Lebensmitteln und der Verbesserung von Wasser- und Sanitäranlagen. Wir konnten mit unserer Hilfe bereits mehr als 950.000 syrische Flüchtlinge erreiche, unter ihnen 600.000 Kinder.
Über die Autorin:
Misty Buswell ist bei Save the Children Programmdirektorin im Bereich Medien und Kommunikation. Sie ist verantwortlich für den Mittleren Osten und das “Eurasia Regional Office”