Weltmädchentag: Mädchen. Machen. Zukunft.
Über 50 Prozent der 1,3 Millionen asylsuchenden und geflüchteten Menschen, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, sind weiblich. Dabei stehen geflüchtete Mädchen und junge Frauen vor besonderen Herausforderungen. Am heutigen Weltmädchentag geben wir Einblicke in unser Projekt "Mädchen. Machen. Zukunft.", das genau diese jungen Frauen unterstützt. Das Projekt bietet einen geschützten Raum, der ihnen dabei hilft, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten, eigene Fähigkeiten zu erkennen und weiterzuentwickeln.
Mädchen und Flucht
Neben den ohnehin schon traumatisierenden Erlebnissen, die eine Flucht mit sich bringt, sind junge Frauen und Mädchen zusätzlich geschlechtsspezifischen Belastungen ausgesetzt.
Während sie im Herkunftsland und auf der Flucht oft Opfer von genderspezifischer und sexualisierter Gewalt, Ausbeutung und Diskriminierung werden, sind sie in Deutschland im Vergleich zu männlichen Geflüchteten oft mit größeren Barrieren im Zugang zu Regelsystemen konfrontiert.
Eine der größten Herausforderungen für geflüchtete Mädchen und junge Frauen sind unterschiedliche, oft in Konflikt stehende Rollenerwartungen innerhalb der Familie und der Aufnahmegesellschaft. Wie zum Beispiel die Rolle der Familie, die Ausbildung oder die Berufswahl.
Zudem sind Bildungsangebote und Ausbildungssysteme häufig nicht auf die spezifischen Bedarfe der geflüchteten Mädchen und Frauen zugeschnitten. Eine vergleichsweise geringe Bildungs- und Arbeitsmarktbeteiligung von geflüchteten Frauen, erschwert es den Mädchen Vorbilder und Indentifikationsfiguren zu finden. Oftmals müssen Mädchen zusätzlich ein erhöhtes Maß an Verantwortung für jüngere Geschwister übernehmen. Somit haben sie gerade in der Pubertät häufig nicht den Raum und die Ressourcen, sich mit altersspezifischen Entwicklungsaufgaben und zentralen Fragen der eigenen Identitätsentwicklung auseinanderzusetzen. Die Covid-19-Pandemie die Situation für geflüchtete Mädchen zusätzlich verschärft.
Selbstbestimmt und selbstbewusst: Das Projekt "Mädchen. Machen. Zukunft"
Was ist mir wichtig? Wie will ich leben? Wo ist mein Platz in der Welt? Für die Auseinandersetzung mit solchen Fragen fehlt Mädchen mit Fluchterfahrung, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, oft der Raum. Das Projekt “Mädchen. Machen. Zukunft.” von Save the Children Deutschland schafft für sie einen geschützten Rahmen.
In unserem Projekt werden in sechs Berliner Gemeinschafts-
unterkünften verschiedene Angebote umgesetzt, an denen Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 21 Jahren teilnehmen können. Es gibt Workshops für Mädchen und junge Frauen zu genderspezifischen und interkulturellen Themen sowie regelmäßige Mädchentreffs, um den Austausch und Zusammenhalt untereinander zu stärken. Hinzu kommen Fortbildungen und Vernetzungstreffen für die Fachkräfte der Gemeinschaftsunterkünfte.
Im Alltag in der Unterkunft bietet der Mädchentreff Abwechslung. Dieses Angebot gibt es seit sechs Monaten und steht Mädchen und jungen Frauen zwischen zwölf und 21 Jahren offen. Sie sind eingeladen, mit Gleichaltrigen Zeit zu verbringen und können sich sicher sein, dass es in den zwei bis drei Stunden ausschließlich um sie geht: Um ihre Themen, ihre Wünsche und ihre Bedürfnisse.
In den vergangenen Monaten haben die Teenager viel unternommen: In der Gruppe wurde gebastelt und gekocht, im Sommer waren die Mädchen im Kiez unterwegs. Sie haben draußen gepicknickt, Eis gegessen oder die Stadt bei einem Ausflug zum Alexanderplatz erkundet.
Ergeben sich bei den Mädchentreffs größere Fragen oder sensible Themen, wird das in speziell konzipierten Workshops aufgegriffen. Wie beispielsweise der Wunsch eines Mädchens, über Ängste zu sprechen. So entstand eine Sequenz, in der es um Gefühle ging: In einem Workshop bekamen die Mädchen die Aufgabe, zu fotografieren, was sie mit bestimmten Gefühlen verbinden. Auf den Fotos waren Orte zu sehen wie die Tramstation um die Ecke oder der Spielplatz, andere Bilder zeigten Freundinnen und Geschwister. Über die Bilder und die Geschichten dazu entwickelten sich tiefe Gespräche über Themen, für die die Mädchen sonst kaum Ansprechpersonen haben.
Damit das Projekt in den Einrichtungen bekannt und von den Mädchen wahrgenommen wird, ist auch die Zusammenarbeit mit den Fachkräften vor Ort entscheidend.
Sich wahrnehmen, sich gegenseitig helfen und unterstützen, der offene Austausch über Gefühle und Wünsche und Wissenszuwachs: Das alles kommt bei "Mädchen. Machen. Zukunft." zusammen.
In unserer Reportage bekommen Sie einen tieferen Einblick in das Projekt.
*Namen zum Schutz geändert.