Auf dem Rücken der Pferde
Ein Besuch auf dem Reiterhof
„Flicka“, „Immenhof“, „Ostwind": Unzählige Geschichten bezeugen die Begeisterung von Mädchen für Pferde. Geschätzte 90 Prozent aller Reitsportler sind weiblich und nicht selten im Jugendalter. Viele Wissenschaftler haben sich bereits mit dem Phänomen dieser besonderen Bindung auseinandergesetzt und gehen davon aus, dass heranwachsende Mädchen sich über Pferde mit der Thematik gleichwertiger Beziehungen und Fürsorge beschäftigen. Sie werden vom Pferd getragen und lernen, es zu lenken. Und das ist gar nicht selbstverständlich, wenn man die Größe und Stärke des Vierbeiners genauer betrachtet. So wird auch das Selbstbewusstsein der Mädchen gestärkt.
Viele heilpädagogische und therapeutische Angebote mit Pferden setzen zudem auf den neutralen Charakter der Bindung. Tiere diskriminieren nicht und stimmen sich auf die Beziehung zum Individuum ab. Dabei sind sie sehr einfühlsam und reagieren sensibel auf nonverbale Kommunikation. Dieser Aspekt kann beim Reiten auch für Mädchen mit Fluchterfahrung wichtig sein, da diese sich in Deutschland in vielerlei Hinsicht mit der Erfahrung „anders“ zu sein auseinandersetzen müssen – manchmal bis hin zu Konfrontationen mit Rassismus. Sprachbarrieren, Kleidung oder Hautfarbe sind für ein Pferd vollkommen irrelevant. Hier liegt der Aufbau von beidseitigem Vertrauen, Einfühlungsvermögen und klaren Abstimmungen im Vordergrund.
Reiten und Pferde-Kontakt als psychosoziale Unterstützung
Der Umgang mit Pferden fördert nicht nur physische Aspekte wie Grob- und Feinmotorik und Koordination. Auch psychische und emotionale Kompetenzen wie Einfühlungsvermögen, Sensibilität, Verantwortungsbewusstsein, Klarheit und Fairness werden im Umgang mit den großen Tieren nachhaltig gestärkt. Es kann Sicherheit und Vertrauen schenken, von einem starken Tier getragen zu werden. Der Bewegungsrhythmus wirkt dabei oft ausgleichend und beruhigend auf den gesamten Organismus. Viele Mädchen berichten von Lebensfreude und Geborgenheit beim Reiten.
Die erlangten Kompetenzen können sich auch im Beziehungsaufbau zu Gleichaltrigen und Erwachsenen widerspiegeln. Die vorwiegend nonverbale Kommunikation beim Reiten dient der Verständigung über Sprachbarrieren hinweg und kann so gleichzeitig auch Kontakte innerhalb einer Gruppe von Gleichaltrigen fördern. Zudem werden Selbstwirksamkeit, Selbstwahrnehmung und soziale Teilhabe auf dem Rücken von Pferden ganz nebenbei gefördert.
Mögliche Umsetzung des Reit-Projekts
Der Besuch auf einem nahegelegenen Reiterhof war ein Tagesausflug. Unter fachlicher Anleitung erlernte eine Gruppe von Jugendlichen zunächst wichtige Aspekte der Pflege von Pferden wie Striegeln und Auskratzen von Hufen. Anschließend wurde ihnen gezeigt, was beim Anlegen von Zaumzeug und Sattel vor dem Reiten beachtet werden muss. Auch Sicherheitshinweise sowie ein einfühlsamer und klarer Umgang mit den Tieren wurden erläutert. Im Anschluss an die Einführungen hatten die Mädchen nacheinander Gelegenheit, an der Longe zu Reiten. Sie wurden dabei von einer Mitarbeiterin des Reiterhofs geführt und konnten erste Erfahrungen mit Schritt- und Trab-Gangarten machen. Anschließend ging es um die Pflege nach der Reitstunde und zum Abschluss des Tages konnten die Mädchen sich untereinander und mit dem pädagogischen Personal der Einrichtung über ihre Erfahrungen austauschen.
Mögliche Anzahl der Teilnehmerinnen: flexibel, hier 4-8
Geeignete Altersgruppe: flexibel nach Interesse, hier 11-16 Jahre
Benötigte Materialien: geeignete Verpflegung, geeignete Kleidung, ggf. Fahrtkosten
Zeitrahmen: flexibel nach Bedarf und Möglichkeiten, hier Tagesausflug
Empfohlene Kooperationen: pädagogisches, soziales oder psychologisches Fachpersonal, Reiterhof bzw. geeignete Einrichtungen oder Angebote mit Pferden