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Publisher Save the Children19.04.2022

Blog: Die Kinder vom Kosovo

Knapp die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen im Kosovo leben in Armut. Save the Children arbeitet an über 16 Schulen, um diesen Mädchen und Jungen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Wir haben einige dieser Schulen besucht.

Das lebhafte Gekicher und Durcheinander von vielen Kinderstimmen ist schon von Weitem zu hören, als wir die breiten Gänge der Schule entlanggehen. Die Flurwände zieren bunte Plakate, auf denen Kinderhände mit Wasserfarben Bäume, Wälder und Seen gemalt haben.

 

Als wir uns dem Klassenraum nähern, wird das fröhliche Summen von lachenden und spielenden Kindern immer lauter und verstummt ganz, als wir den Raum betreten.

Zweiundzwanzig neugierige Kinderaugenpaare blicken auf uns und warten gespannt, was als Nächstes passiert.

Das Engagement von IKEA und der IKEA Foundation

Wir, das sind sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von IKEA und zwei von Save the Children, die zusammen in den Kosovo geflogen sind, um die Projekte von Save the Children vor Ort zu sehen. Seit 2014 fördert die IKEA Foundation unsere Arbeit in Vor- und Grundschulen in verschiedenen Regionen Kosovos.

Situation von Kindern im Kosovo

48,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen leben in Armut. Viele von ihnen kommen aus sozial benachteiligten Gruppen, wie Roma, Aschkali oder Ägypter (RAE). Zu den größten Herausforderungen gehört:

  • mangelndes Bewusstsein für die Notwendigkeit und fehlender Zugang zu Bildung: Kinder gehen gar nicht erst zur Schule oder brechen diese frühzeitig ab, hier insbesondere Mädchen
  • Diskriminierung
  • Gewalt gegen Kinder
  • Frühverheiratung

Auch Kinder mit Behinderung sind oft sozial benachteiligt. Nur zehn Prozent werden in ihren besonderen Bedürfnissen staatlich gefördert. Den übrigen Mädchen und Jungen werden nicht nur grundlegende Kinderrechte verwehrt, sie bekommen auch keine spezifischen Betreuungsangebote, wie bspw. regelmäßige Übungen mit einem Physiotherapeuten.

Wie Save the Children Kindern im Kosovo hilft

Save the Children arbeitet seit 1997 mit Kindern im Kosovo. Heute haben wir Projekte in neun Kreisgemeinden und 16 Schulen in den Bereichen Bildung, Kinderschutz, Kinderrechte und Kindergesundheit. Wir fördern sozial benachteiligte Kinder und stellen sicher, dass sie Zugang zu Bildung und damit Chancen auf eine selbstbestimmte Zukunft haben.

In Vor- und Grundschulen unterstützen wir Lehrer darin, Kinder von ethnischen Minderheiten wie Roma, Aschkali und Ägypter sowie Kinder mit Behinderung in den Schulalltag zu integrieren. Wir schaffen eine sichere Lernumgebung und helfen Lehrern dabei, gemeinsam mit den Eltern für jedes Kind einen individuellen Lehrplan zu erstellen.

So auch in der Vorschule, die wir heute in Gračanica, einer Stadt im Kosovo mit 2600 Einwohnern besuchen. Seit sechs Jahren läuft hier bereits unser Projekt.

Unser größter Erfolg bisher ist es, dass jedes Kind in Gračanica nach unserer Vorschule in die erste Klasse der Grundschule gegangen ist. In ganz Kosovo besuchen nur 68 Prozent aller Kinder die Schule.

Snežana, Projektmitarbeiterin

Zuerst schüchtern, dann von Neugierde gepackt

Nun stehen wir inmitten eines wilden Gewusels von Kindern zwischen sechs und neun Jahren und versuchen der Lehrerin, die etwas Serbisches an die Tafel schreibt, zu folgen. Wir verteilen uns auf die Gruppentische und setzen uns auf die viel zu kleinen Stühle zu den Kindern dazu. Zusammen kleben wir Rechtecke, Quadrate und Kreise auf Buntpapier, bis die Papierschnipsel ein Schiff formen. Die Neugier der Mädchen und Jungen auf uns sprengt schnell die Sprachbarriere und bald sehe ich Kinder und Erwachsene mit Händen und Füßen miteinander kommunizieren.

Ich zücke meine Kamera und frage ein Mädchen im Blümchenkleid und mit bunten Spangen im zurückgekämmten lockigen Haar, ob ich ein Foto von ihr machen darf. Anfangs noch unsicher und schüchtern, sieht sie sich selbst auf dem Kamerabildschirm und bekommt Lust, Fotos zu machen. Sie ruft ihre Freundinnen hinzu und aufgeregt kichernd verziehen sie ihre Gesichter zu Grimassen. Und ich wundere mich über die vielen kleinen Persönlichkeiten in diesem Raum, die so unterschiedlich sind, wie man es bei vielen Kindergruppen beobachten kann. Die meisten Mädchen eher scheu und zurückhaltend, viele Jungs dagegen lebhaft und energisch und jedes Kind auf eine eigene Art etwas ganz Besonderes.

„HVALA IKEA“

Kurz bevor wir uns von den Kindern verabschieden, stürmt plötzlich ein Mädchen im pinken Pullover und mit zwei langen braunen Zöpfen – das schon einige Zeit ungeduldig auf ihrem Stuhl hin und her rutschte – auf die IKEA-Mitarbeiterin Bardha zu. Strahlend drückt sie ihr ein Plakat in die Hand, auf dem sie mit Buntstiften auf serbisch „HVALA IKEA“ (auf dtsch. „Danke IKEA“) geschrieben hat. Wir bedanken uns ebenfalls bei den Kindern und packen das Plakat vorsichtig ein, um die darauf klebenden Glitzersteine nicht zu verlieren. Jeweils zu zweit aufgereiht, verlassen die Mädchen und Jungen den Klassenraum und bekommen von der Lehrerin an der Tür noch eine Banane.

 

 

Zur Autorin: Marina Aschkenasi arbeitet im Berliner Büro von Save the Children in der Abteilung „Unternehmenspartnerschaften und Stiftungen“. Zusammen mit sechs IKEA-Mitarbeitern besuchte sie im Mai mehrere Schulen im Kosovo, in denen Save the Children mit Hilfe der finanziellen Unterstützung der IKEA Foundation Bildungsprojekte umsetzt.

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