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Publisher Save the Children19.04.2022

Schutz- und Spielräume für Kinder: Interview mit Johanna Zukova

Johanna Zukova hat von 2015 bis 2017 mit weiteren Mitarbeiter*innen von Save the Children Schutz- und Spielräume für geflüchtete Kinder aufgebaut und betrieben. Im Interview berichtet die Psychologin und Beraterin von ihren Erfahrungen mit dem neu erschienenen "Handbuch zu Schutz- und Spielräumen für Kinder".

 

Frau Zukova, in welcher Rolle haben Sie mit Schutz- und Spielräumen gearbeitet?

Johanna Zukova: Als Psychologin und Beraterin habe ich gemeinsam mit ca. 10 weiteren Save the Children Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ende 2015 begonnen, Schutz- und Spielräume für die Kinder in den Hangars der Notunterkunft Berlin-Tempelhof aufzubauen. Wir waren ein internationales und multiprofessionelles Team mit verschiedensten beruflichen Erfahrungen und kulturellen Hintergründen, aber das Konzept der Schutz- und Spielräume war für uns alle Neuland. Hätten wir 2016 ein Handbuch gehabt, wäre unsere Arbeit um einiges einfacher gewesen!

Warum sind Schutz- und Spielräume für Kinder wichtig? 

Johanna Zukova: Kinder, die sich nach ihrer oft monatelangen Flucht in Lagersituationen wiederfinden, brauchen ganz besonders einen Raum, in dem sie sich sicher fühlen, Spaß haben und spielen dürfen. Sie brauchen zuverlässige und liebevolle Ansprechpartner und das alles finden sie in den Schutz- und Spielräumen. 

In diesen Räumen und in der gemeinsamen Zeit mit den Kindern und Eltern, haben wir viele Kinder „auftauen“, sich erholen und wieder zu lustigen kleinen Leuten werden sehen.

Johanna Zukova über die Bedeutung von Schutz- und Spielräumen für geflüchtete Kinder.

Die Grundprinzipien der Schutz- und Spielräume sind bis heute für mich Basis der Kinderbetreuung in Unterkünften. Dabei ist es mir besonders wichtig, dass aufgrund der Situation ein großer Unterschied zu Kindergarten und Schule im herkömmlichen Sinne besteht. Die Kinder sind oft nur für einen gewissen Zeitraum in der Unterkunft, so dass außer der Sicherheit die Zugänglichkeit und der Spaß eine wichtige Rolle spielen. Das heißt also, jedes Kind darf mitmachen, jedes Kind ist eingeladen, niemand wird ausgeschlossen. 

Inwieweit empfinden Sie das „Handbuch zu Schutz- und Spielräumen für Kinder“ hilfreich?

Johanna Zukova: Die Altersmischung stellt in der Betreuung eine besondere Herausforderung für die Betreuer*innen dar, Kinder von 4-18 Jahren sind eingeladen, in den Räumen zu spielen, zu basteln oder sich einfach nur aufzuhalten. Für die Teams ist es ein Lernprozess, damit umzugehen, dass alle Angebote offen sind und die Teilnahme freiwillig ist, dass manchmal an einer Aktivität nur drei Kinder teilnehmen und am nächsten Tag 40 Kinder im Raum sind, dass eine 4-Jährige auch Interesse an den Klebestiften, den Scheren und dem bunten Papier hat. Hier sind das Handbuch und auch die als Basis empfohlenen Trainings eine große Hilfe. 

Weitere Informationen zum 'Handbuch zu Schutz- und Spielräumen für Kinder'

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In meinem Arbeitsalltag als Koordinatorin einer Berliner Erstaufnahmeeinrichtung empfinde ich das Handbuch als gute Unterstützung. Es erleichtert den Prozess, sich von 'Erziehungs- und Bildungsaufträgen' zu lösen und hilft dabei Sensibilität für die besondere Situation zu entwickeln, ohne gleich bei jedem Kind ein Trauma zu diagnostizieren. So können sich alle Mitarbeiter*innen auf das Wesentliche konzentrieren: Spaß haben, für umfassenden Schutz sorgen und jedes Kind mitmachen lassen!

Vielen Dank für das Interview, Johanna Zukova. 

Zum Hintergrund:  Save the Children arbeitet in vielen Ländern mit dem international bewährten Konzept der Schutz- und Spielräume, die Kindern ermöglichen in und nach belastenden Situationen direkten physischen Schutz zu erhalten, Aktivitäten entsprechend ihrer Bedürfnisse zu verfolgen und durch Spiel und Freude wieder Kind zu sein. Das neu erschienene "Handbuch zu Schutz- und Spielräumen für Kinder" fasst hierbei unsere Erfahrungen der letzten drei Jahre in Unterkünften für geflüchtete Menschen in Deutschland zusammen. Das Handbuch soll allen Personen, die mit Kindern arbeiten, Impulse zur Zielsetzung, Zusammenarbeit aller relevanten Akteure, Raumplanung und Alltagsstruktur eines solchen Raumes geben, um Kinder besser zu schützen. 

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