In eigenen Worten: Ein Mädchen aus Afghanistan über ihre Wünsche für die Zukunft
In dieser Textreihe kommen Kinder und Jugendliche selbst zu Wort. Diesmal erzählt ein zehnjähriges Mädchen aus Afghanistan über ihr Leben, ihre Sorgen und ihre Zukunftswünsche. Zum Zeitpunkt des Interviews konnte es sich ihre Familie seit fünf Monaten nicht mehr leisten, Fleisch, Gemüse oder Obst zu kaufen. Im Rahmen eines Projekts von Save the Children erhielt die Familie Unterstützung in Form von Bargeld, um sich für mehrere Monate mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
Hinweis der Redaktion: Aufgrund der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan und zum Schutz der Familie haben wir diesen Text anonymisiert.
Die Zehnjährige lebt in einer Zeltsiedlung in Afghanistan. Der anhaltende Konflikt im Land zwang sie mit ihrer Familie zur Flucht. Dadurch konnte das Mädchen seit drei Jahren keine Schule mehr besuchen. Ihre Familie hat nicht genug zu essen, sodass sie und ihre Geschwister oft hungrig zu Bett gehen. Die Corona-Krise bedroht ihre Versorgung und Gesundheit zusätzlich. In ihrer Notlage hofft die Zehnjährige auf eine bessere Zukunft. Hier erzählt sie von ihren Wünschen und davon, was ihr trotz aller Widrigkeiten Freude bereitet.
Ich bin zehn Jahre alt, habe einen Bruder, drei Schwestern und meine Eltern. Ich gehe nicht zur Schule. Früher ging ich zur Schule, aber dann begann der Krieg. Eine Granate traf meine Schule und wir flohen hierher. Ich bin seit drei Jahren nicht mehr in der Schule gewesen. Es war gut, als wir zur Schule gingen. Jetzt leben wir in einem Zelt. Hier lernen wir auch, denn wir haben keinen anderen Ort, wo wir hingehen können. Ich passe auf meine Schwester auf, während meine Mutter die Wäsche für Andere macht und dafür zwei Brote bekommt.
Zwei Dinge mag ich besonders: spielen und mein Lieblingsessen. Am liebsten esse ich Äpfel, Granatäpfel und Bananen. Aber nun ist es schon fünf Monate her, dass wir Fleisch, Gemüse oder Früchte essen konnten.
Mein Vater sucht überall nach Dingen, die er in der Stadt verkaufen kann. Davon kauft er dann Kekse und Brot für uns. Das ist unser Leben. Wenn mein Vater in den vergangenen Monaten Geld verdiente, hatten wir etwas zu essen, sonst hatten wir nichts. Ich esse gerne Bohnen, Halwa [eine Süßspeise aus Sesam], Reis und Gemüse, aber dafür haben wir kein Geld. Wenn andere Menschen Bohnen und andere Dinge bekommen, versuche ich, nicht hinzusehen.
Das Coronavirus ist eine gefährliche Krankheit und die Menschen versuchen, sich davor zu schützen. Man soll sich die Hände waschen, sauber bleiben und eine Maske tragen. Vor dem Coronavirus war alles gut. Vor dem Coronavirus hatte mein Vater einen Job, aber jetzt hat er keinen mehr. Ich möchte Lehrerin werden. Ich möchte Kinder unterrichten und ausbilden, damit sie eine gute Zukunft haben können, damit sie Ingenieure werden zum Beispiel.
Ich wünsche mir, dass man uns hilft, den Krieg zu beenden, damit wir in unser Haus zurückkehren können, etwas zu essen haben und nicht hungrig schlafen gehen müssen. Ich hatte viele Freunde, einige von ihnen sind gestorben. Hier habe ich auch ein paar Freunde. Wir erzählen uns Geschichten, lernen, spielen und wenn ich etwas nicht verstehe, erklären sie es mir. Ich spiele sehr gerne Hopse und Seilspringen. Diesen Monat habe ich beim Seilspringen gewonnen.
Dieses Interview wurde aus dem Englischen übersetzt und ursprünglich von einer Save the Children Mitarbeiterin im Oktober 2020 mit dem Mädchen geführt.
Schon vor der Eskalation der Gewalt war Bildung in Afghanistan für viele Kinder nur bedingt möglich. Die sich zuspitzende humanitäre Not verschärft die Situation. Millionen afghanischer Mädchen und Jungen sind von Schulschließungen betroffen. Daher fordern wir: BILDUNG FÜR ALLE KINDER IN AFGHANISTAN! Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung.