Kinderschutz und Psychologische Erste Hilfe für geflüchtete Kinder an Notunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt
Ziel: Verbesserung des Schutzes von Kindern und Einführung von Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen
Laufzeit: September 2016 - Dezember 2017
Teilnehmende: 2 Erstaufnahmeeinrichtungen; Landesbehörden und Verwaltungen
Region: Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt
Geber: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), private Spenden
Die Idee
Derzeit gibt es in Deutschland keine bundesweit geltenden verbindlichen Standards zur Unterbringung von geflüchteten Menschen. Je nach Bundesland existieren unterschiedliche Regelungen. Die bestehenden Standards betreffen dabei überwiegend die Ausstattung und räumliche Beschaffenheit der Gebäude. Die besonderen Bedürfnisse von geflüchteten Kindern und ihren Familien werden in den meisten Fällen nicht ausreichend berücksichtigt.
Mit unserem Projekt „Kinderschutz und Psychologische Erste Hilfe für geflüchtete Kinder“ wollen wir den Kinderschutz in Unterkünften in Deutschland nachhaltig verbessern. Die Aufnahme und ihre erste Unterbringung tragen wesentlich dazu bei, dass sich geflüchtete Menschen geschützt und sicher fühlen. Deshalb haben wir exemplarisch zwei Standorte bei der Einführung von Kinderschutzstandards unterstützt. Dazu adaptieren wir das internationale Konzept Child Friendly Space (CFS), das von Save the Children bereits in zahlreichen anderen Ländern angewendet wird. Mit diesen Schutz- und Spielräumen errichten wir sichere Rückzugsorte für Kinder und ihre Familien in den Unterkünften und schulen Mitarbeitende im Umgang mit geflüchteten Kindern. Darüber hinaus setzen wir uns gemeinsam mit anderen Organisationen dafür ein, dass der Kinderschutz in den Unterbringungsstandards verankert und bundesweit verbindlich wird.
Die Umsetzung
In dem Projekt „Kinderschutz und Psychologische Erste Hilfe für geflüchtete Kinder“ haben wir mit zwei Erstaufnahmeeinrichtungen in zwei Bundesländern zusammengearbeitet. Die Situation der Kinder vor Ort wurde hinsichtlich bestehender Risiken und Gefahren untersucht. Zudem wurde ausgehend von den Kinderrechten auf Schutz konkrete Bedarfe identifiziert. Die Studie ist unter dem Titel „Schutz für Kinder zwischen Flucht und Ankunft“ veröffentlicht.
Mobile Teams berieten die Einrichtung vor Ort. In den Unterkünften wurden Schutz- und Spielräume für Kinder errichtet bzw. die schon bestehenden Kinderbetreuungen entlang des Konzepts der Child Friendly Spaces(CFS) weiterentwickelt. Mitarbeitende wurden im Umgang mit geflüchteten Kindern und in Psychologischer Erster Hilfe geschult. Vier Mitarbeiter*innen wurden zudem in einem zertifizierten Weiterbildungslehrgang zur Kinderschutzfachkraft ausgebildet. Darüber hinaus arbeiten wir auf politischer Ebene für die Aufnahme von bindenden Kinderschutzstandards in bundesweiter Gesetzgebung. Wir beraten die politische Verwaltung bei der Einführung von verbindlichen Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen.
Die folgenden Bausteine trugen zum nachhaltigen Erfolg des Projekts bei.
Bundesweite Kinderschutz-Standards
Wir beraten die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, das Landesamt für Fluchtangelegenheiten und weitere Verwaltungen zur landesweiten Einführung von verbindlichen Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen. Gemeinsam mit anderen Akteuren haben wir in einer Arbeitsgruppe unter Leitung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie mitgearbeitet. Erfreuliche Resultate der Arbeit sind, dass die Verträge mit Betreibern von Unterkünften angepasst, Standards für die Unterbringung von Kindern festgeschrieben sowie ein landesweites Schulungskonzept entwickelt wurden. Zudem haben wir gemeinsam eine Handreichung zur Kooperation im Kinderschutz zwischen Jugendämtern, Landesamt für Fluchtangelegenheiten und Betreibern von Unterkünften entwickelt.
Darüber hinaus sind wir ein fester Partner der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Fluchtunterkünften“ unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend. Dabei haben wir gemeinsam mit zahlreichen anderen Organisationen Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Fluchtunterkünften erarbeitet.
Schutz- und Spielräume
Die Errichtung von Schutz- und Spielräumen ist ein zentraler Aspekt der Arbeit von Save the Children in humanitären Krisen. Sie geben Kindern einen geschützten Raum, Struktur sowie Stabilität und ermöglichen ihnen vor allem eins: wieder Kind zu sein. Anfang 2016 setzten wir das international etablierte Konzept Child Friendly Space (CFS) in der Notunterkunft Berlin-Tempelhof erstmals in Deutschland um.
Auf Grundlage dieser Erfahrungen wurden im Rahmen des Projekts „Kinderschutz und Psychologische Erste Hilfe für geflüchtete Kinder“ neun Schutz- und Spielräume in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Eisenhüttenstadt und Halberstadt sowie deren Außenstellen eingerichtet bzw. bestehende Kinderbetreuungen anhand des Schutzkonzepts erweitert. Neben der Ausstattung mit Spielzeug und Mobiliar wurden Teilaspekte des Konzepts Child Friendly Space umgesetzt, indem die Räume entlang eines Einrichtungskonzepts bedarfsorientierter gestaltet werden.
Zudem wurden die Mitarbeiter*innen des Schutz- und Spielraums in Psychologischer Erster Hilfe (engl. Psychological First Aid [PFA]) geschult und können auf die spezifischen Bedürfnisse der Jungen und Mädchen eingehen sowie sie in ihren Rechten stärken.
Psychologische Erste Hilfe
Geflüchtete Kinder haben oft belastende Erfahrungen gemacht. Sie haben spezifische Bedürfnisse, die Save the Children aus vielen Kontexten in der internationalen Arbeit mit geflüchteten Kindern gut kennt. Auf Grundlage dieser Erfahrungen konnten wir die Einrichtungen aktiv in ihrer Arbeit unterstützen. Im Rahmen des Projekts wurden je zwei Mitarbeitende der Einrichtungen zu zertifizierten Kinderschutzfachkräften ausgebildet. So konnte nachhaltig eine Vor-Ort-Expertise und Anlaufstelle gesichert werden. Darüber hinaus wurden mehr als 80 Mitarbeitende im Bereich Psychologische Erste Hilfe geschult.
Psychologische Erste Hilfe für Kinder (engl.: PFA: Psychological First Aid) ist ein international anerkannter Ansatz für den Erstkontakt mit Kindern, die von Krisen betroffen sind. Erwachsene werden darin gestärkt, die Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und sie in ihren Bewältigungsmechanismen zu unterstützen. Der Kinderschutz in den Einrichtungen konnte so signifikant verbessert werden.
Downloads
- Studie „Schutz für Kinder zwischen Flucht und Ankunft“
- Handbuch zu Schutz- und Spielräumen für Kinder
- Trainingshandbuch zur Psychologischen Ersten Hilfe für Kinder
- Trainingspräsentation zur Psychologischen Ersten Hilfe für Kinder
- Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Fluchtunterkünften (Weiterleitung zur Website des BMFSFJ)