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Evelyne Brix (86)
Deutschland

"Die Pragmatische" – Zweiter Weltkrieg (1939-1945)

Evelyne Brix hat Berlin nur einmal in ihrem Leben für längere Zeit verlassen. Das war 1943, als unzählige Kinder vor den Bombenangriffen evakuiert wurden. Sie war damals 11 Jahre alt. Ihre ganze Schulklasse kam nach Bad Lettin, einen ehemaligen Kurort im heutigen Tschechien. Zwei Jahre sollten vergehen, bevor sie wieder zurück zu ihrer Familie konnte. Vieles sei ihr erspart geblieben, sagt sie, doch die Rückkehr in das kriegszerstörte Berlin prägt sie bis heute. Es ist vor allem der Hunger, an den sie sich erinnert.

Einstige Schule von E.Brix, Fotografie von Dominic Nahr
„Eingeschult wurde ich in der Siegfriedstraße in Lichtenberg. Da war ich, bis der Krieg ausbrach. Dann wurde die Schule ziemlich schnell geschlossen. Da hieß es dann, die Schule wird ein Lazarett. Wusste ich, was ein Lazarett war?“
Einstige Schule von E.Brix, Fotografie von Dominic Nahr
Evelyne Brix am Bahnsteig, Fotoprojekt von Save the Children

Evelyne Brix erinnert die Einzelheiten aus der Vergangenheit genauer als manches, was vor einer Woche war. Sie sieht dann wieder die Szene vor sich, als Evelynes Vater zu ihr, dem kleinen Bruder und ihrer Mutter in die Küche kam, um jenen ominösen Satz zu sagen: „Jetzt gibt es Krieg.“ Das war im Sommer 1939. „Ich hatte keine Ahnung, was ein Krieg ist“, räumt sie ein. „Aber mein Vater hatte einen Ton in der Stimme, der ungewöhnlich war. So wie ich ihn noch nie gehört hatte.“

Landschaftsfotografie des Fotoprojekts von Save the Children
Ruine im Boehmischen Wald
Im Krieg lief Evelyne Brix durch den Wald
„Sie hätten uns nicht helfen müssen, wir waren doch der Feind. Dass es Menschen gab, die uns geholfen haben, hat mich mein ganzes Leben lang begleitet.“
Brix und ihre Schulklasse liefen im Zweiten Weltkrieg von Tschechien nach Bayern
Evelyne Brix als Kind im Fotoprojekt Ich lebe

Als elfjähriges Mädchen wird Evelynes Schulklasse nach Tschechien evakuiert. Als im Frühjahr 1945 dann die Rote Armee vorrückt, machen sich die Kinder zu Fuß nach Süddeutschland auf. Der lange Marsch durch den Böhmerwald ist anstrengend, aber für sie auch „faszinierend“. Später geht es nach Hause, ins zerstörte Berlin.

Neben den zerbombten Häusern, die sie bei ihrer Rückkehr schockieren, erinnert Evelyne Brix vor allem den ständigen Hunger der folgenden Monate: Nahrung ist knapp und streng rationiert. Umso dankbarer ist das Mädchen für die „Schwedenspeisungen“, mit denen Save the Children durch seine schwedischen und norwegischen Sektionen Nothilfe für deutsche Kinder leistet. Von der Nudelsuppe mit Fleisch und den Butterbrötchen mit heißem Kakao schwärmt die Seniorin bis heute.

 

Evelyne Brix vor ihrem Spiegel
„Ich habe das Bedürfnis zu helfen, weil mir auch geholfen wurde. Ich weiß, wie schlimm es ist, wenn man Hunger hat und nie satt wird.“
Evelyne Brix ist Zeitzeugin aus Deutschland
Fotoprojekt Ich lebe von Save the Children
Stimmungsbild des Projekts Ich lebe
Evelyne Brix heute, ein Projekt von Save the Children

Die tapfere Evelyne hat sich nicht nur einen guten Auftritt, sondern auch die Energie und die Zuversicht bewahrt, initiativ zu werden, um etwas für sich selbst zu tun.

Ulrike C. Tscharre, Schauspielerin und Save the Children-Botschafterin

„Wo die Blumen sind“

Ulrike C. Tscharre schrieb als Gastautorin über Evelyne Brix

Die Schauspiele­rin und Save the Children-Bot­schafterin Ulrike C. Tscharre betrachtet drei Szenen aus dem Leben von Evelyne Brix und stu­diert sie wie ein Drehbuch.