"Die Traurige" – Genozid Ruanda (1994)
Vanessa war fünf Jahre alt, als beim Völkermord gegen die Tutsis in Ruanda 1994 innerhalb von 100 Tagen rund eine Million Menschen getötet wurden. Wie Hunderttausende andere floh auch sie vor der beispiellosen Gewalteruption. Ihre Mutter band sie und zwei ihrer Geschwister an den Hemdsärmeln zusammen, damit sie einander in dem Menschenstrom nicht verlieren.



Mit ihren Geschwistern zieht Vanessa ohne Eltern oder Familienangehörige von Ort zu Ort. Wohin sie gehen sollen wissen sie nicht. Also laufen sie einfach weiter, gemeinsam mit Hunderttausenden von Flüchtenden. Sie haben Hunger, ab und zu gibt ihnen jemand einen Schluck Wasser in die Hand. Irgendwann kommen sie an einen Ort, an dem Save the Children tätig ist. Die Organisation sucht wie viele andere auch nach dem Völkermord Angehörige für die insgesamt wohl 300.000 umherirrenden Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden.
Dazu hängt Save the Children Polaroid Fotos an öffentlichen Orten aus. Geschulte Teams suchen landesweit nach deren Familien. Auch Vanessa und ihre Geschwister werden fotografiert. Die Polaroids existieren heute noch. Doch was oft glückt, gelingt in Vanessas Fall nicht. Was mit ihren Eltern geschehen ist, hat Vanessa nie erfahren.




Heute lebt Vanessa mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in einem Dorf nahe der Grenze zum Kongo. Noch immer ist sie tief traumatisiert. Über die Vergangenheit spricht sie nicht gerne. Lieber schaut sie in die Zukunft.



