Jetzt spenden DZI Siegel

Kinder schützen -
Strukturen stärken!

„Kinder schützen - Strukturen stärken!“
Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen

Ein Projekt von Save the Children in Kooperation mit Plan International.

Ziel: Strukturelle Verbesserung des Schutzes von Kindern und flächendeckende Einführung von Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen
Laufzeit: Januar 2019 - Dezember 2020
Teilnehmende Landesbehörden: Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg; Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport; Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration Schleswig-Holstein
Geber: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
Kooperationspartner: Plan International Deutschland e. V.


Die Idee

Ankunfts-, Erstaufnahmeeinrichtungen und Folgeunterkünfte stellen in einer Vielzahl von Fällen den zentralen Lebensmittelpunkt von geflüchteten Kindern und ihren Familien dar - häufig auf unbestimmte Zeit. Konzipiert wurden die Einrichtungen ursprünglich nur für einen kurzen Verbleib. Inzwischen wird deutlich: Eine zeitnahe dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen gelingt in den seltensten Fällen. Kinder und ihre Familien leiden unter dieser Form der Unterbringung besonders. Gutes Aufwachsen und eine gesunde kindliche Entwicklung sind in Unterkünften immer nur mit Einschränkungen möglich. Bundesweit einheitliche Standards mit Blick auf das Wohl und die Sicherheit von Kindern gibt es bislang nicht. Die Liste der Risikofaktoren und Gefahren im Alltag geflüchteter Kinder und ihrer Familien ist lang:

  • eingeschränkte Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Entscheidungshoheit von Eltern und ihren Kindern
  • beengte Wohnverhältnisse und damit verbundenen Belastungen der Familien
  • Mangel an Privatsphäre sowie fehlende Rückzugsorte, um zu ruhen, zu lernen oder zu spielen
  • konfliktbelastetes Umfeld, geprägt durch das Gefühl einer unzureichenden persönlichen Sicherheit
  • eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildungsangeboten und Freizeitaktivitäten

Die Errichtung von Schutzkonzepten vor Ort ist ein wichtiger Schritt, um Risiken und Gefahren für Kinder in Unterkünften zu verringern. Doch braucht es mehr als einrichtungsspezifische Lösungen. Wir setzen uns für bundesweite Standards ein, die übergeordnet Orientierung bieten. Darüber hinaus ist es uns wichtig, in Unterkünften für geflüchtete Menschen, den Schutz von Kindern und Jugendlichen als Rechteinhaber*innen zu stärken und die Kinderrechte auch in prekären Lebenssituationen zu gewährleisten. Die Rechte der UN-Kinderrechtskonvention stehen jedem Kind zu, dass sich innerhalb der Hoheitsgewalt eines Vertragsstaats befindet (Vgl. Artikel 1, 2 Abs. 1 UN-Kinderrechtskonvention).


Die Umsetzung

Wir wollen Kinder schützen, die nicht dezentral untergebracht sind. Dies kann aus unserer Sicht nur durch flächendeckende Implementierung und Sicherung von Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen gewährleistet werden.

Wir beraten die teilnehmenden Landesregierungen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in ihren Bemühungen, den Kinderschutz im Kontext der Unterbringung von geflüchteten Menschen weiterzuentwickeln und mit ihren bereits im jeweiligen Bundesland bestehenden Kinderschutzsystemen zu verzahnen. Hierbei liegt der Fokus auf der Ergänzung bestehender Verfahren. Unsere Beratung basiert auf einer umfänglichen Bestandsaufnahme. Die anschließenden gemeinsam abgestimmten Prozesse werden von vier erfahrenen Fachkräften beider Organisationen initiiert, moderiert und begleitet.

Wir beraten und begleiten hinsichtlich:

  • einheitlicher Kinderschutzstandards in Dienstleistungsverträgen sowie Leistungsbeschreibungen der Betreiber*innen, Auftragnehmer*innen und Drittanbieter*innen
  • Entwicklung standardisierter Vorgehensweisen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung
  • Konzeptionierung von Weiterqualifizierungsmaßnahmen im Kinderschutz für die Unterkunftsmitarbeiter*innen
  • Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Kinder und Eltern zu Kinderschutzrechten

Als ein auf Bundesebene gefördertes Projekt bieten wir zudem verschiedene Austauschformate durch die Organisation von gemeinsamen Fachkonferenzen und weiteren Vernetzungsplattformen.

Komponente I: Beratung zur Festschreibung einheitlicher Standards

Im Rahmen von Arbeitsgruppen, Runden Tischen oder anderweitigen Austauschformaten der relevanten Akteur*innen, werden gemeinsam Standards im Kinderschutz diskutiert, erarbeitet und abgestimmt. Lücken im bestehenden System werden identifiziert und geeignete, auf die Bedarfe der Erstaufnahme und Folgeunterbringung zugeschnittene Maßnahmen entwickelt.

Maßgeblich hierfür sind die gesetzlichen Vorgaben im Kinderschutz sowie deren praktische Anwendbarkeit. Diese Standards sollen in den Leistungsbeschreibungen zur Unterbringung von geflüchteten Menschen sowie den entsprechenden Verträgen festgeschrieben werden (Vergaberichtlinien). Save the Children und Plan International fungieren beratend und begleitend.

Komponente II: Begleitung bei der Standardisierung eines Verfahrens

Das Vorgehen wird bei Verdacht auf bzw. bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung in Unterkünften für geflüchtete Menschen in einem gemeinsamen Prozess mit allen relevanten Akteur*innen erarbeitet. Die daraus entstehende Arbeitshilfe / der Leitfaden regeln das Vorgehen bindend und einheitlich für alle beteiligten Instanzen. Grundlage hierfür bilden die festgeschriebenen Standards im Kinderschutz in den Betreiberverträgen, die in den Landesbestimmungen festgehaltenen Ausführungsvorschriften und insbesondere das im Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelte Verfahren zum Kinderschutz.

Die Rolle von Save the Children und Plan International besteht darin, bei der konkreten Ausarbeitung fachlich zu beraten und Erfahrungen in die Erarbeitung von standardisierten Verfahrensabläufen einfließen zu lassen. Dazu zählen Kenntnisse aus der Praxis in Unterkünften für geflüchtete Menschen sowie Vorgaben des Kinder- und Jugendhilferechts und des Bundeskinderschutzgesetzes.

 

 

 

Komponente III: Unterstützung bei der Konzeptionierung standardisierter Weiterqualifizierungsmaßnahmen

Auf Grundlage bestehender Qualifizierungskonzepte zum Schutz von Kindern in Unterkünften geflüchteter Menschen und der Bedarfe der ausgewählten Tätigkeitsprofile wird ein zielgruppenorientiertes Schulungskonzept entwickelt, das in entsprechende Curricula fließt. Hierbei werden die Konzepte und Erfahrungen der durch UNICEF bundesweit geschulten Gewaltschutzkoordinator*innen einbezogen. Die Gewaltschutzkoordinator*innen werden dazu proaktiv konsultiert.

Save the Children und Plan International beraten fachlich bei der konkreten Ausarbeitung der Schulungskonzepte und der jeweiligen Curricula und lassen darin ihre Erfahrungen aus der Praxis in Unterkünften für geflüchtete Menschen und Kenntnisse eigener Qualifizierungskonzepte einfließen. Bestandteil der Beratung ist auch die Unterstützung bei der Erarbeitung eines entsprechenden Finanzierungskonzeptes.

Komponente IV: Beratung bei der Erarbeitung von Informationsmaßnahmen

Bei der Erarbeitung von kind- und altersgerechten Informationen für Kinder über ihre Rechte auf Schutz, werden die Kinder und ihre Familien konsultiert und somit unter Anwendung bestehender partizipativer Kinderschutzansätze in den Entwicklungsprozess miteinbezogen. Zusätzlich konzipieren wir unter Anwendung von reaktiven und präventiven Ansätzen im Kinderschutz Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen für Kinder und ihre Sorgeberechtigen. Der Fokus dieser zu entwickelnden Maßnahmen liegt hierbei darauf, unserer Zielgruppe, d. h. Kindern und ihren Familien, den Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen. Save the Children und Plan International beraten und begleiten die Gestaltung der Sensibilisierungsmaßnahmen sowie eines Finanzierungskonzeptes zur Umsetzung.


Rechtsgutachten

SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies

Das SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies wurde von Save the Children e. V. und Plan International e. V. zur Erstellung eines Rechtsgutachtens beauftragt. Das Rechtsgutachten soll die aktuellen Risiken und Gefährdungslagen in Unterkünften für geflüchtete Menschen, das sich im Kern auf bestehende Erfolgsfaktoren sowie Lücken und Herausforderungen hinsichtlich des Wechselspiels zwischen Recht, Verwaltungshandeln und der Lebensrealität von Kindern fokussiert, durch einen mehrdimensionalen und interdisziplinären Ansatz herausarbeiten und aufweisen. Die Ergebnisse sollen in einer gemeinsamen Fachkonferenz vorgestellt und entsprechend publiziert werden.

Das juristische Forschungszentrum SOCLES verbindet Soziales und Recht in der gesamten Vielfalt des Kontextes von Kindheit, Jugend und Familie. Das SOCLES verknüpft rechts-, sozial- und verwaltungswissenschaftliche Forschung, versteht sich als interdisziplinärer Brückenbauer und fördert den Transfer in Politik und Praxis. Die internationale Dimension stärkt das reflexive, diskursive und multiperspektivische Selbstverständnis des SOCLES in seinen "Socio-legal studies". Die Forschungsarbeit stellt Fragen danach, wie das Recht die Gesellschaft beeinflusst und umgekehrt, wie die Gesellschaft im Recht ihre Reflexion findet. Mit seiner Arbeit will das SOCLES zu einer Verbesserung der Lebenssituation von Kindern, Jugendlichen und Familien beitragen und versteht sich als Impulsgeber für den Diskurs zur Weiterentwicklung rechtlicher und organisatorischer Strukturen. Es unterstützt den Austausch und das Verstehen zwischen den verschiedenen Akteursgruppen sowie die Umsetzung von Recht und Gesetzesentwicklungen in der Praxis.

Dr. Thomas Meysen leitet das SOCLES. Die vielfältigen Facetten des Schutzes von Kindern und Jugendlichen sind Schwerpunkt seiner langjährigen, nationalen und internationalen Forschung. Lydia Schönecker leitet den Arbeitsbereich Inklusion, Erziehung & Teilhabe und beleuchtet mit ihrer interdisziplinären Forschung die Situation von Kindern und Jugendlichen sowie Eltern mit Behinderung.


Materialien

Zusammen mit den Kooperationspartnern wurden verschiedene Materialien und Arbeitshilfen entwickelt, die künftig in den drei beteiligten Bundesländern und – nach Anpassung – in anderen Bundesländern verwendet werden können. So wurde mit den zuständigen Behörden in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein eine Willkommensmappe für Familien konzipiert. Eltern und Kinder werden darin mit Kinderrechten vertraut gemacht sowie mit den wichtigsten Ansprechpartner*innen und Anlaufstellen an den jeweiligen Standorten der Landesaufnahmebehörde. Mit dem Ministerium für Inneres, Digitales und Migration in Baden-Württemberg wurde ein Verfahrensschema bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in Erstaufnahmeeinrichtungen entwickelt. 

Zudem wurden im Rahmen des Projekts folgende bundeslandübergreifende Handreichungen entwickelt: Empfehlungen für ein Weiterbildungscurriculum für die Sozialen Dienste und die Kinderbetreuung in Erstaufnahmeeinrichtungen sowie eine Checkliste zu Kinderschutzstandards für Betreiberverträge und Leistungsbeschreibungen. Alle Materialien sind als Downloads verfügbar. 


Unser Partner

Save the Children Deutschland e. V. und Plan International Deutschland e. V. verfügen über langjährige Erfahrungen im Bereich Schutz von Kindern im Kontext von Flucht und Migration. Beispielhaft sind hier die Beratungstätigkeit von Save the Children und Plan International zur landesweiten Implementierung von Kinderschutzstandards in Unterkünften, die Weiterqualifizierung von Mitarbeiter*innen, die Durchführung von Schulungen zum Kinderschutz und Projekte zum Empowerment geflüchteter Menschen zu nennen.

Die beiden Organisationen bündeln nun ihre Kompetenzen und Erfahrungen, um in einem gemeinsamen Projekt Kinder zu schützen und Strukturen zu stärken. Wir wollen Kinder schützen, die nicht dezentral untergebracht sind. Dies kann aus unserer Sicht nur durch flächendeckende Implementierung und Sicherung von Kinderschutzstandards in Unterkünften für geflüchtete Menschen gewährleistet werden.


Ihre Ansprechpartnerin

Dr. Stefanie Röhrs


Ein Programm von:

In Kooperation mit:


Gefördert durch:

BMFSFJ

Gefördert durch: