Bildungsnotstand: Krisen und Konflikte gefährden Bildung von Kindern weltweit
Die Bildung von knapp 49 Millionen Kindern in Afghanistan, Sudan, Somalia und Mali ist extrem gefährdet. Dies geht aus dem neuen Bericht von Save the Children hervor. Dieser untersucht, wie die Corona-Pandemie in Verknüpfung mit Konflikten, Klimawandel, Vertreibungen und mangelnder digitaler Vernetzung das Lernen der Kinder weltweit bedroht.

Im zweiten Jahr in Folge wurden im Report „Build Forward Better“ die Bildungssysteme von 182 Ländern nach der Anfälligkeit und Bereitschaft zur Bewältigung diverser Gefahren überprüft, die das Recht der Kinder auf Bildung gefährden. Die Analyse stützt sich auf dieselbe Methodik wie der Bericht aus dem vorigen Jahr, und zeigt, dass sich trotz erheblicher Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr viele Länder weiterhin im Gefahrenbereich befinden. Einerseits ist die Zahl der „extremen Risiko“-Länder seit 2021 von acht auf vier gesunken, was vermutlich auf den erleichterten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zurückzuführen ist. Andererseits hat die globale Hungerkrise im Zusammenspiel mit Konflikten, gestiegenen Lebensmittelpreisen und Wetterextremen starke Auswirkungen auf die Bildungssysteme vieler Länder. Sieben der zehn am stärksten betroffenen Länder liegen in Afrika.
Ranking 2022
1. Afghanistan (Risiko: Extrem)
2. Sudan (Risiko: Extrem)
3. Somalia (Risiko: Extrem)
4. Mali (Risiko: Extrem)
5. Jemen (Risiko: Hoch)
6. Nigeria (Risiko: Hoch)
7. Syrien (Risiko: Hoch)
8. Zentralafrikanische Republik (Risiko: Hoch)
9. Eritrea (Risiko: Hoch)
10. Dschibuti (Risiko: Hoch)
Afghanistan weist weltweit das höchste Risiko auf. Im letzten Jahr lag das Land noch auf Rang vier. Seit der Machtübernahme der Taliban vor über einem Jahr hat sich der Zugang zu Bildung jedoch weiter verschlechtert, was die Zukunft der Kinder, insbesondere der Mädchen, stark gefährdet. Sudan, Somalia und Mali sind Afghanistan dicht auf den Fersen; ihre Bildungssysteme sind durch Krisen ebenfalls als „extrem gefährdet“ eingestuft worden. Somalia blieb somit unverändert auf Rang drei, während die Risiken für die Bildung im Sudan und in Mali seit der letzten Analyse gestiegen sind.
Eine der größten Verbesserungen im vergangenen Jahr war in Kolumbien zu verzeichnen, wo das Bildungswesen nun als „mäßig gefährdet“ eingestuft wurde, statt als „hochgefährdet“. Das Land stieg von Rang 28 auf Rang 58, was teilweise auf den besseren Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu fiel der Libanon von Platz 68 auf Platz 32, wo die Wirtschaftskrise eine hohe Jugendarbeitslosigkeit mit sich bringt.
Von den zehn am stärksten gefährdeten Ländern weisen alle ein hohes Maß an Ernährungsunsicherheit auf. In Afghanistan, Somalia, Sudan, Jemen und der Zentralafrikanischen Republik befinden sich mehr als 20 Prozent der Bevölkerung in einer Hungerkrise.
Auch Klimakrise als Ursache
Auch die Klimakrise bedroht das Recht auf Bildung. Extreme Wetterereignisse können Kinder zur Flucht zwingen und Schulen beschädigen oder gar zerstören. Für Kinder, die nicht zur Schule gehen, ist es in der Regel schwieriger, das Versäumte nachzuholen, und sie sind anfälliger für Hunger, Gewalt, Missbrauch, Kinderarbeit und Frühverheiratung - insbesondere Mädchen und Kinder, die in Ländern mit niedrigem Einkommen, in Geflüchtetenlagern und Kriegsgebieten leben.
Unsere Forderung
Wenn Länder die nötigen Maßnahmen treffen, können Bildungssysteme selbst in besonders betroffenen Regionen geschützt werden. Daher fordert Save the Children, dass jedes Land über einen Bereitschaftsplan verfügt, um das Lernen und Wohlergehen der Kinder in künftigen Krisen zu sichern.
Wir appellieren zudem an Regierungen, deren Schulsysteme extrem oder stark gefährdet sind, schleunigst zu handeln, um eine langanhaltende Bildungskatastrophe zu vermeiden. Zu diesen Maßnahmen gehören die Erstellung und Verbesserung von Möglichkeiten, um Bildung aufzuholen, der Vermittlung von Grundkenntnissen Vorrang einzuräumen und dafür zu sorgen, dass Kinder in Klassen eingeteilt werden, die ihrem Lernstand und nicht ihrem Alter entsprechen.