DR Kongo: Mehr Schutz von Kinderrechten im Kobalt-Kleinbergbau
Über 200.000 Menschen dient die Arbeit in den Kobaltminen in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) als Lebensgrundlage. E-Mobilität und das Streben nach einem grünen Wandel steigern die internationale Nachfrage nach dem begehrten Rohstoff. Anhaltende Armut und mangelnde Alternativen an guter Schul- & Ausbildung sowie einkommensgenerierenden Tätigkeiten sorgen dafür, dass auch viele Kinder der gefährlichen Arbeit im Bergbau und dessen Umfeld nachgehen. Umfangreiche Programme sollen die aussichtslose Lage vieler Familien und ihrer minderjährigen Kinder verbessern.

Die Region rund um Kolwezi im Südosten der Demokratischen Republik Kongo ist bekannt für den ertragreichen Abbau von Kobalt. Ein Rohstoff, der in vielen Alltagsgegenständen – etwa in Smartphones, Computern oder auch E-Autos – verarbeitet ist. Gerade im sogenannten artisanalen Kleinbergbau (englisch: artisanal and small-scale mining, kurz: ASM), der sich durch einen geringen Grad an Formalisierung sowie die Rohstoffgewinnung mit einfachen, nicht industriellen Methoden auszeichnet, kommt es oft zur Verletzung von Kinderrechten: Neben bezahlbaren Bildungsangeboten und alternativen Erwerbsmöglichkeiten fehlt es an einem System für den verantwortungsbewussten Umgang mit Kinderarbeit.
Hohe Risiken für eine Vielzahl von Kindern
Erst im vergangenen Jahr führten wir gemeinsam mit unserer Tochterorganisation THE CENTRE eine Studie durch, um die Verletzung von Kinderrechten in der Kobaltlieferkette genauer zu untersuchen. Dabei ließ sich eindeutig belegen, dass Kinder in den Kleinbergbau-Gemeinden mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert sind:
- Bildungskrise: Unzureichende Gehälter der Eltern, Einkommenseinbrüche durch den Preisabfall von Kobalt und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben die Anzahl der Schulabbrüche unter Minderjährigen in Kolwezi weiter verschärft. 32 Prozent der 6- bis 17-Jährigen gehen nicht oder nicht mehr zur Schule.
- Arbeit zur Finanzierung von Bildung: Kinderarbeit ist im Bereich des artisanalen Kleinbergbaus weit verbreitet. Die hohen Schulgebühren sorgen dafür, dass ältere Kinder zu arbeiten beginnen, um sich ihre Bildung zu finanzieren. 44 Prozent der Kinder in der Region arbeiten, um die Schulgebühren für sich und ihre Geschwister aufzubringen.
- Mangelnder Schutz: Schutzmechanismen fehlen fast gänzlich im Sektor des Kleinbergbaus. Es wird kaum kontrolliert, ob die Arbeitskräfte das gesetzliche Mindestalter erreicht haben. Auch Schutzmaßnahmen oder Beschwerdemechanismen für arbeitende Minderjährige gibt es selten. Mehr als die Hälfte der Kinder, die im ASM arbeiten, haben sich bereits kleinere oder größere Verletzungen zugezogen.
- Mangel an Ausbildungen und menschenwürdiger Arbeit: Nur wenige 15- bis 17-Jährige finden Beschäftigungsmöglichkeiten oder Ausbildungsprogramme außerhalb des Bergbaus. 72 Prozent der minderjährigen Arbeitskräfte aus den ASM-Gemeinden arbeiten direkt in den Kobaltminen. Alternativen fehlen fast gänzlich.
- Schlechte psychische Gesundheit: Kinder, die im artisanalen Bergbau tätig sind, haben in der Regel eine schlechte psychische Verfassung. Sie leiden unter depressiven Erscheinungen und schätzen ihre zukünftigen beruflichen Möglichkeiten pessimistisch ein.
Um den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Kobaltlieferkette zu stärken, gilt es, diese Herausforderungen nachhaltig anzugehen. Hierfür wurde von THE CENTRE, der Fair Cobalt Alliance und Save the Children das Child Labour Remediation Service Hub (The Hub) gegründet, in dem Unternehmen, lokale Kooperativen und globale Partner gemeinsam an Programmen arbeiten, mit denen die Grundrechte von Kindern auf Bildung, Schutz und Entwicklungsmöglichkeiten gewährleistet werden sollen.
Maßnahmen zum Schutz von Kinderrechten
Verschiedene Projekte zum Schutz dieser essenziellen Kinderrechte werden aktuell bereits ausgerollt und in den ASM-Gemeinden implementiert. Langfristig soll so die Situation vieler Kinder verbessert werden, die von Kinderarbeit oder Ausbeutung betroffen sind, keinen Zugang zu Bildung haben oder aufgrund von Armut keine angemessene Ausbildung erhalten. Die folgenden Programme bilden eine wichtige Grundlage für den Schutz von Kindern in der Kobaltlieferkette:
Programm zur Remediation von Kinderarbeit:
Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen arbeitet The Hub an der Entwicklung und Umsetzung eines Mechanismus zur Erkennung und Remediation (auch: Wiedergutmachung) von Kinderarbeit im Kleinbergbau und den lokalen Gemeinden. Das Fallmanagement kümmert sich gezielt um Kinder, die in Minen arbeiten oder sich in deren Umfeld befinden. Ihnen wird der Zugang zu Schul- oder Ausbildung sowie, wenn notwendig, medizinischer und psychologischer Betreuung ermöglicht. Die Kinder werden mindestens bis zu einem Alter von 16 Jahren begleitet und monatlich finanziell unterstützt, um sie so davor zu bewahren, zu früh in die Arbeitswelt einzutreten.
Notfallfond:
Um den Kindern bestmöglichen Schutz zu bieten, werden mit diesem Fond Gelder bereitgestellt, die in zusätzliche medizinische und psychologische Unterstützung für besonders schwere Einzelfälle fließen, deren benötigte Hilfe über die Leistungen des Remediations-Programmes hinausgeht.
Bildungsfond:
Mit diesem Fond können Kinder und Jungendliche unterstützt werden, die von Kinderarbeit betroffen waren, aber auch solche, die ohne direkte Betroffenheit keinen ausreichenden Zugang zu Schul- und Ausbildungsprogrammen erhalten. Sie bekommen finanzielle Unterstützung und Stipendien zur Finanzierung der schulischen und beruflichen Entwicklung sowie der täglichen Lebenshaltungskosten, um sich auf ihren Werdegang konzentrieren zu können.
Ausbildungsprogramm:
Insbesondere Jugendliche ab dem gesetzlichen Arbeitsalter von 16 Jahren sind in Kolwezi mangels Alternativen häufig auf die Arbeit im Kleinbergbau angewiesen. Hier setzen wir an, um mit lokal tätigen Unternehmen Ausbildungsprogramme anzubieten, im Rahmen derer Jugendliche sicherer Arbeit nachgehen können. Die Unternehmen werden darin geschult, minderjährigen Arbeitnehmer*innen Sicherheit und Unterstützung zu bieten, während die Jugendlichen technische Fertigkeiten und Soft Skills erlernen und im Bewusstsein um ihre Rechte gestärkt werden.

Programm zum Schutz von Kindern:
Aufgrund unzureichender Kinderschutz- und Kontrollsysteme sind insbesondere Kinder in Bergbaugemeinden von den schlimmsten Formen der Kinderarbeit betroffen. Ein Netzwerk aus öffentlichen Einrichtungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und gemeindebasierten Gruppen soll fehlende Schutzsysteme ersetzen, in die auch der Hub for Child Labour Remediation mit dem Fallmanagementsystem sowie den oben geschilderten Programmen eingebettet ist. So können systembedinge Ursachen von Kinderarbeit erkannt und bekämpft und einzelne Entscheidungsträger*innen sowie weitere Akteure zum Handeln befähigt werden. Ebenso lassen sich damit die Gesundheitsversorgung sowie der Zugang zu Bildung, Ausbildung und einer frühkindlichen Betreuung verbessern.
Gemeinsam für mehr Kinderschutz im Kobaltsektor
Unsere Arbeit vor Ort stellt einen wichtigen Schritt dar, um Kinder und Jugendliche vor Kinderarbeit, Gewalt und Ausbeutung zu schützen. Doch auch die ortsansässigen Unternehmen müssen sich involvieren und gewillt sein, einen besseren Schutz von Kindern und ihren Rechten umzusetzen. Das Angebot von Save the Children bietet konkrete Möglichkeiten, sich als Unternehmen beraten zu lassen und Maßnahmen gemeinsam umzusetzen. Unser Ziel ist es, mit Unternehmen, Partnerorganisationen und lokalen Entscheidungsträger*innen den Sektor des Kobaltabbaus, insbesondere im Bereich des bisher wenig kontrollierten artisanalen Kleinbergbaus, nachhaltig sicherer für Kinder und Jugendliche zu gestalten. Helfen Sie uns dabei.