Studie: Kinderrechtsverletzungen beim Kobaltabbau und wie dagegen vorgegangen werden kann
Ob Laptop, Smartphone, E-Bike oder Elektroauto: All diese Alltagshelfer kommen nicht ohne den Rohstoff Kobalt aus. Mit der wachsenden Nutzung der Produkte steigt auch ihre Nachfrage – und damit die Aufmerksamkeit für die Demokratische Republik Kongo (DRK). Denn dort wird ein Großteil des weltweit genutzten Kobalts gewonnen, etwa ein Drittel davon aus Minen im kleinen, handwerklichen Bergbau. Für über 200.000 Menschen dient die Arbeit dort als Lebensgrundlage – Kontrollen oder Schutzmaßnahmen gibt es in den illegalen Minen allerdings kaum.
Kobalt zählt zu den begehrtesten Mineralien der Welt und ist ein großer Hoffnungsträger beim angestrebten Ausbau der Elektromobilität. Doch auch dieser Wandel hat seinen Preis: Schon länger fällt der Kobaltbergbau durch Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit auf. Obwohl die Energie- und Bergbauindustrie erheblich vom Wachstum des Kobaltmarktes profitiert, kommen die Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht bis heute nicht ausreichend nach.
Vor allem der sogenannte artisanale Kleinbergbau (kurz: ASM), der sich durch die Rohstoffgewinnung mit einfachen, nicht industriellen Methoden auszeichnet, wird meist illegal betrieben und nur wenig reguliert. Die Studie "Opportunities for Businesses to Promote Child Rights in Cobalt Artisanal and Small-Scale Mining" von Save the Children und THE CENTRE konzentriert sich daher ganz konkret auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter*innen in der Demokratischen Republik Kongo, legt Verstöße offen und zeigt Möglichkeiten für Unternehmen auf, die Situation vor Ort zu verbessern.
Unterstützung und Schulangebote fehlen
Kinder, die mit ihren Eltern in den Bergbauarealen leben, gelten als besonders gefährdet: Schadstoffe verpesten die Luft, Gewässer sind verschmutzt, viele Minderjährige müssen in den Minen arbeiten oder sind durch die ungesicherten Arbeitsbereiche einem hohen Unfall- und Verletzungsrisiko ausgesetzt.
Auch die Bildung der Kinder leidet unter den erschwerten Lebensbedingungen in den Gemeinden rund um die Kobaltminen. Fast ein Drittel aller schulpflichtigen Kinder geht nicht zur Schule, nur etwa 64 Prozent der Sechs- bis Elfjährigen werden überhaupt eingeschult. Eine Krise, die sich durch instabile Lieferketten und Covid-19 weiter verschärft hat. Oft sind hohe Schulkosten oder psychische und physische Erkrankungen der Grund für Schulversäumnisse. Doch auch Kinderarbeit ist ein dauerhaftes und stetig steigendes Problem: 24 Prozent der Kinder gehen laut unserer Studie nicht zur Schule, weil sie stattdessen arbeiten müssen. In der befragten Altersgruppe von 15- bis 17-Jährigen sind es sogar 53 Prozent.
Die Tatsache, dass Kinderarbeit in diesem Sektor vorkommt, ist keine neue Erkenntnis. Die Daten der Studie zeigen nun aber deutlich, dass es sich hierbei um eine gefährliche Wechselwirkung handelt: Der erschwerte Zugang zu Bildung ist einer der Hauptgründe für die dortige Kinderarbeit. Viele Minderjährige müssen versuchen, Schule und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, um die Schulgebühren aufzubringen, die sich ihre Familien oft nicht leisten können. Diese Doppelbelastung führt zu zahlreichen Schulabbrüchen, denn Unterstützungsangebote gibt es nur wenige.
Ein wachsender Sektor ohne Kontrolle
Trotz der unzumutbaren Bedingungen für Kinder und Familien sind Hunderttausende Menschen in der Demokratischen Republik Kongo auf die Arbeit in den Kleinbergbauminen angewiesen - und der Bedarf nach Kobalt wird weiter steigen. Ziel sollte es daher langfristig sein, den Arbeitssektor zu legalisieren, um Stigmatisierungen abzubauen und Kontrollinstanzen möglich zu machen.
Unternehmen, die Kobalt aus dem Kleinbergbau in ihren Produkten verarbeiten, müssen Verantwortung übernehmen, um die schwerwiegende Verletzung der Rechte von Arbeitskräften und Kindern zu unterbinden. Unsere Studie empfiehlt daher dringend, Formalisierungsprozesse, Regularien und Kooperationen in den Mittelpunkt zu stellen.
Folgende Maßnahmen gelten dabei als besonders wirkungsvoll:
- Einrichtung eines funktionierenden Kontrollsystems zur Unterbindung von Kinderarbeit
- Investitionen in die Verbesserung des Zugangs zu Bildung und die Senkung der Schulgebühren, um Kinderarbeit langfristig zu verhindern
- Wirtschaftliche Partnerschaften fördern, um die Produktivität und Sicherheit der Arbeit zu verbessern
- Verbesserung der Lebensbedingungen und Infrastruktur durch die Einführung industrieller Technologien
Die Erfahrung zeigt, dass so nicht nur die Anzahl arbeitender Kinder gesenkt wird, sondern auch das monatliche Gehalt und der Schutz aller Minenarbeiter*innen steigt. Denn um Kinderarbeit und anhaltende Menschrechtsverletzungen langfristig zu unterbinden, muss vor allem der Armut vieler Familien entgegengewirkt werden. Ein erleichterter Zugang zu Bildung, sichere Arbeitsweisen und ein höheres Einkommen der Bergarbeiter*innen verringern somit wirksamer Kinderarbeit, als es Mauern und Einlasskontrollen jemals könnten.
Genau dort sollten Unternehmen in Zusammenarbeit mit Organisationen und Regierungen ansetzen. Wir fördern Prozesse wie diese und arbeiten kontinuierlich mit Interessenvertreter*innen daran, praktische Lösungen für Kinderrechtsfragen zu entwickeln und diese nachhaltig umzusetzen. Im Bereich des Kobaltabbaus – aber auch entlang weiterer komplexer Lieferketten.