Afghanistan: Eine Million Kinder durch Wirtschaftskrise zur Arbeit gezwungen
Sechs Monate nach dem Machtwechsel in Afghanistan verschärft sich die Wirtschaftskrise und Hungersnot im Land zunehmend. Das treibt viele Familien in die Armut – und damit rund eine Million Kinder in die Kinderarbeit. Eine neue Befragung von Save the Children zeigt, dass knapp ein Fünftel der befragten Familien keine andere Wahl hat, als ihre Kinder zur Arbeit zu schicken.
Die 12-jährige Laila* lebt mit ihrer Mutter und vier Geschwistern in einem Notaufnahmecamp. Nachdem ihr Vater ermordet wurde, musste sie mit ihrer Familie von Zuhause fliehen. Weil die Familie nicht mehr genug Geld hatte, um ausreichend Lebensmittel zu kaufen, musste Laila* als Putzkraft arbeiten. Sie tat dies den ganzen Tag und verdiente dabei umgerechnet etwa zehn US-Cent pro Tag. Laila* erzählt:
Für ihre Mutter Shugofa* war die Situation unerträglich. Es tat ihr leid, dass ihr Kind arbeiten und den Müll von anderen Menschen wegräumen musste. Das Geld reichte jedoch nicht aus, um ihre Kinder mit mehr als einer Mahlzeit am Tag versorgen zu können. Shugofa* beschreibt die Situation:
Die dramatischen Umstände, mit denen Laila* und ihre Familie zu kämpfen haben, sind in Afghanistan für viele Kinder und ihre Familien Realität. Eine Umfrage von Save the Children belegt, dass nach dem Machtwechsel im vergangenen August 18 Prozent der insgesamt 1.400 befragten Familien gezwungen waren, ihre Kinder zur Arbeit zu schicken. Schätzungsweise arbeiten heute eine Million Kinder in Afghanistan, nachdem die Einkommen von vielen Familien in den letzten sechs Monaten drastisch gesunken sind.
Mehr als 80 Prozent der Haushalte berichteten von starken Einkommensverlusten seit dem Zusammenbruch der früheren Regierung. Ein Drittel der Befragten hat ihr gesamtes Haushaltseinkommen verloren und ein Viertel von ihnen mehr als die Hälfte. Dabei waren die in den Städten lebenden Familien am stärksten betroffen. Besonders in Kabul ist die Lage dramatisch: die Hälfte der dort befragten Familien verloren ihr gesamtes Einkommen.
Wirtschaftskrise verursacht enormen Preisanstieg
Die Wirtschaftskrise in Afghanistan hat einen drastischen Preisanstieg ausgelöst und so können sich viele Familien keine Lebensmittel mehr leisten. Etwa 75 Prozent der Haushalte gaben an, Kredite aufzunehmen, um Lebensmittel zu kaufen. 39 Prozent leihen sich Lebensmittel von ökonomisch besser gestellten Familien und 7,5 Prozent berichteten, dass sie betteln oder auf Almosen angewiesen sind, um ihre Familien zu ernähren.
Das Zusammenspiel von Konflikten, der Wirtschaftskrise und steigenden Preisen löst eine brutale Welle von Hunger und Not in Afghanistan aus. In diesem Winter werden voraussichtlich 14 Millionen Mädchen und Jungen eine lebensbedrohliche Hungersnot erleiden. Save the Children konnte Laila* und ihrer Familie helfen, aber viele weitere Kinder und Familien sind von der akuten Notlage in Afghanistan betroffen.
Der Landesdirektor von Save the Children in Afghanistan, Chris Nyamandi, berichtet:
Save the Children versorgt Familien in Afghanistan mit dringender Bargeldhilfe, medizinischer Betreuung, Lebensmitteln und Winterpaketen. Die Bargeldhilfe trägt dazu bei, dass Familien nicht zu Verzweiflungsmaßnahmen greifen müssen, die sich negativ auf die Kinder auswirken, wie Kinderarbeit, frühe Heirat und reduzierte Mahlzeiten. Die Winterpakete, bestehend aus Decken, Kleidung und weiteren lebenswichtigen Dingen, sollen die Familien sicher durch den Winter bringen. Seit September 2021 hat Save the Children 763.000 Menschen unterstützt, darunter 430.800 Kinder.
Helfen Sie jetzt, damit wir noch mehr afghanische Kinder wie Laila* und ihre Familien unterstützen können.
*Namen zum Schutz geändert