"Jedes mal, wenn ich etwas austeile, habe ich ein warmes Gefühl in meinem Herzen"
Über 37.000 Kinder und Jugendliche leben laut Deutschem Jugendinstitut in Deutschland auf der Straße oder sind wohnungslos. Psy und Maher, zwei Mitarbeiter der YOUTH FORCE von Karuna, haben selbst viele Jahre auf der Straße gelebt und wissen, was für Straßenkinder und -Jugendliche während der Corona-Krise besonders wichtig ist.
Psy und Maher haben sich vor vielen Jahren auf der Straße in Berlin kennengelernt und wissen, was es heißt, kein zu Hause, kein Bett, kein Obdach zu haben. Seitdem verbindet sie eine tiefe Freundschaft. "Wir sind sogar Blutsbrüder, also so richtig", erzählen sie stolz. Mittlerweile arbeiten beide bei der KARUNA Obdachlosenhilfe und sind Teil des YOUTH FORCE Teams, das sich besonders an obdachlose Kinder und Jugendliche richtet.
Die Youth Force
Bei der sogenannten YOUTH FORCE bilden ehemalige Straßenkinder zusammen mit Spezialist*innen der Traumapädagogik und Sozialpädagog*innen Teams, um den Jugendlichen von der Straße durch den schweren Alltag während der Corona-Pandemie zu helfen. Darüber hinaus werden die Jugendlichen dabei unterstützt, ihre Potenziale zu erkennen, zu entfalten und einen selbstbestimmten Ausweg aus ihrer Krisensituation zu finden. Das Projekt wird mit Mitteln aus dem Kinder-Notfallfonds von Save the Children Schweiz finanziert und besteht aus den Bereichen Hygiene, Beratung und Schutz, Vernetzung und Kinderschutz.
Das ist besonders jetzt, während der Corona-Krise wichtig, denn viele Einrichtungen für Obdachlose sind noch immer geschlossen und gerade Kinder und Jugendliche haben kaum Anlaufstellen, an die sie sich wenden können. Genau diese Zielgruppe möchte die YOUTH FORCE erreichen, Vertrauen aufbauen, sichere Schlafplätze vermitteln und dafür sorgen, dass alle gesund durch diese Zeit kommen.
Eigene Biografie bildet wichtige Expertise
Bei der Team-Besprechung sitzen ehemalige Straßenjugendliche mit Sozialädagog*innen und Spezialist*innen der Traumaforschung zusammen und klären anstehende Aufgaben. Bei ihrer Arbeit werden die Teammitglieder auch immer wieder an ihre eigene Biografie erinnert.
Nach der Besprechung geht es für Psy und Maher in die Küche: Tüten packen und Suppe abfüllen. Jeden Tag werden hier 200 Tüten und 200 Portionen Suppen vorbereitet, die dann von insgesamt fünf Teams an verschiedenen Orten in Berlin verteilt werden.
Essen auf Lastenrädern
Psy und Maher packen alles in ihre Lastenrädern und machen sich auf in Richtung Jannowitzbrücke. Hier werden die ersten Suppen und Lebensmitteltüten verteilt. Dann geht es weiter, am Ostbahnhof vorbei Richtung Oberbaumbrücke, in den Görlitzer Park. Ihnen ist anzumerken, dass sie ein eingespieltes Team sind. Mit ihrer lockeren und herzlichen Art gehen sie auf die Menschen zu und fragen sie, ob sie etwas zu essen möchten. Viele kennen die beiden bereits und winken ihnen schon von weitem zu. Oft treffen sie auch Leute, die sie noch von ihrer Zeit auf der Straße kennen. "Ich möchte auch ein bisschen Vorbild sein und zeigen: Man kann da rauskommen", sagt Psy. Auch hier verteilen sie Suppen, Hygieneartikel und Tüten mit Brötchen und Wasser.
Obwohl Psy und Maher bei ihrer Arbeit jeden Tag an ihre eigene, traumatische Vergangenheit erinnert werden, möchten sie mit niemandem tauschen.
Auch wenn sich das Projekt vor allem an obdachlose Jugendliche richtet, kümmern sich Psy und Maher auch um ältere Menschen auf der Straße. "Neulich hat mich ein ca. 65 Jahre alter Mann angesprochen, der gerne vom Alkohol loskommen wollte. Ich habe ihm einen Therapieplatz vermittelt und bekomme jetzt immer Nachrichten von ihm, wie es läuft", erzählt Psy und lächelt.