Tausende afghanische Familien verlassen Pakistan
Nachdem die pakistanische Regierung angekündigt hat, dass alle ausländischen Staatsangehörigen ohne Papiere das Land bis zum 1. November verlassen müssen, haben in den letzten Tagen tausende afghanische Familien aus Angst vor Abschiebungen und Verhaftungen Pakistan verlassen. Sie stehen vor dem Nichts.
In den vergangenen sechs Wochen sind mehr als 120.000 Afghan*innen aus Pakistan zurückgekehrt. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass 1,7 Millionen Afghan*innen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Pakistan leben. Sie alle sollen nach Afghanistan zurückkehren – in ein Land, in dem nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 zwei Drittel aller Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und in dem erst vor einem Monat über 3.000 Menschen von vier schweren Erdbeben getötet oder verletzt wurden.
Menschen stehen vor dem Nichts
Viele Kinder und Familien besitzen nur die Kleidung, die sie am Körper tragen. Sie haben nichts, was auf sie wartet und kein Geld, um sich zu versorgen. Oft wurden die Kinder in Pakistan geboren und kommen zum ersten Mal nach Afghanistan.
Rückkehrer*innen haben Save the Children berichtet, dass viele nach dem Überqueren der Grenze nirgendwo hingehen können. Sie haben weder eine Unterkunft noch Geld, um Essen, Miete oder Transport zu bezahlen. Sie brauchen dringend eine Unterkunft, Nahrungsmittel und warme Kleidung. Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children Deutschland, war Ende Oktober in Afghanistan. Er berichtet: „Hier an der Grenze in Torkham sind Tausende bitterarme Familien gestrandet, zum größten Teil ohne jede Habe. Viele sind krank, vor allem die Kinder mangelernährt. Es sind oft Menschen, die seit Jahren oder Jahrzehnten in Pakistan gelebt haben. Viele werden den Winter in Camps in der Grenzregion verbringen müssen, weil sie seit ihrer Flucht aus Afghanistan keinen Ort mehr haben, an den sie zurückkehren könnten. Sollten tatsächlich weitere Rückkehrende in großer Zahl kommen, bedeutet das die nächste humanitäre Krise für ein Land, das ohnehin schon am Abgrund steht.“
Save the Children im Grenzgebiet im Einsatz
Save the Children arbeitet seit 1976 in Afghanistan. In der Nähe der Grenze haben wir aktuell drei mobile Gesundheitsteams stationiert, die rund um die Uhr im Einsatz sind. Wir unterstützen Familien, die aus Pakistan eingereist sind, in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und psychosoziale Nothilfe. Außerdem verteilen unsere Teams täglich frisches Trinkwasser an tausende von Menschen. Wir arbeiten derzeit daran, weitere Dienste einzurichten, darunter Wasser- und Sanitäranlagen, kinder- und frauenfreundliche Latrinen sowie einen Schutz- und Spielraum, um Kindern einen sicheren Ort zu bieten, der ihnen bei der Bewältigung der Notsituation hilft.