Nach dem Zweiten Weltkrieg: Hilfe für Kinder in Deutschland
Am 8. Mai 1945 trat die Kapitulation des Deutschen Reiches in Kraft und besiegelte das Ende eines verheerenden Weltkriegs, der mehr als 60 Millionen Menschen das Leben kostete. Nach Kriegsende starteten Save the Children und 'Rädda Barnen' – wie auch schon 1919 – umfangreiche Hilfsaktionen für notleidende deutsche Kinder.
1945, Ende des Zweiten Weltkrieges: Als am 8. Mai die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen Menschen tot. Ermordet in Konzentrationslagern, gefallen an der Front, verbrannt in Bombennächten, gestorben an Hunger, Kälte und Gewalt auf der Flucht. Als die Welt erfuhr, welche unvorstellbaren Gräueltaten in den Lagern des Nazi-Regimes geschehen waren, kehrte sich der Zorn gegen ganz Hitler-Deutschland. Mitgefühl mit deutschen Opfern des Krieges gab es dennoch. Bald starteten internationale Organisationen Hilfslieferungen in die Suppenküchen großer Städte, um notleidende Menschen und vor allem Kinder vor dem Hungertod zu retten.
Save the Children kümmerte sich in den 1940er Jahre insbesondere um die Verletzlichsten unter den Kindern in Deutschland - das waren Vertriebene, Flüchtlinge und Staatenlose. Viele Familien hatten ihre Heimat im Osten Europas und Deutschlands verlassen müssen und meldeten sich im Durchgangslager Bohldamm bei Uelzen, um dort eine Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland zu beantragen. Save the Children war von 1946 bis 1961 in Uelzen und verteilte in Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen Kleidung und Nahrung. Auch betrieb die Organisation einen großen Kindergarten.
Kindern ein Stück Kindheit zurückgeben
Als einzige ausschließlich auf Kinder spezialisierte Organisation sorgte Save the Children dafür, dass die Kinder im Elend des ständig überfüllten Barackenlagers einen Ort hatten, an dem sie einfach nur Kind sein konnten. Dafür nahmen die Jungen und Mädchen auch die obligatorische tägliche Dosis Lebertran in Kauf, die wegen des scheußlichen Geschmacks eher unbeliebt war. Die Hilfsorganisation sorgte für Tagesausflüge in die Umgebung und betrieb Ferienheime für besonders erholungsbedürftige Kinder. Die langjährige Leiterin des Save the Children Hilfseinsatzes in Deutschland, Bridget Stevenson, beschrieb 1953 ihre Arbeit so:
Bildungsprojekte dank schwedischer Hilfe
Die schwedische Schwesterorganisation Rädda Barnen hatte sich ebenfalls an den Massenspeisungen der Jahre 1945/46 beteiligt und konzentrierte sich danach auf Ausbildungs- und Lehrlingsprojekte. Im Umfeld der zahlreichen über ganz Deutschland verteilten Flüchtlingslager baute Rädda Barnen Werkstätten, in denen junge Leute das Schneider-, Schuhmacher- oder Schreinerhandwerk erlernen konnten. Die schwedische Organisation errichtete zudem Anfang der 1950er Jahre mehrere Lehrlingsheime, in denen junge Leute aus Vertriebenen- und Flüchtlingsfamilien in gemischten Hausgemeinschaften leben und gleichzeitig eine Lehre absolvieren konnten. Solche Heime, an die ehemaligen Lehrlinge bis heute mit Dankbarkeit zurückdenken, gab es vor allem in Bayern, etwa in Nürnberg und München.
Unterstützung aus Norwegen
Neben dem schwedischen Rädda Barnen war auch das norwegische Redd Barna (Rettet die Kinder) in Deutschland nach Kriegsende aktiv, vor allem im hohen Norden. Die norwegische Kinderhilfsorganisation richtete in Hamburg, Kiel und Lübeck Kindertagesstätten ein, um Vertriebenenkindern, Waisen und Kindern alleinerziehender Mütter zu helfen. In Spiel- und Lernräumen wurden die Kinder tagsüber betreut und bekamen hier ihr Essen.
Alle Hilfsprojekte im Nachkriegs-Deutschland wurden von den Save the Children Mitgliedorganisationen initiiert und finanziert, um dann schließlich im Laufe der 1950er Jahre in deutsche Hände überzugehen. Auch für einen Nothilfeeinsatz nach der Flutkatastrophe an der deutschen Nordseeküste mobilisierte Save the Children Angang 1962 noch einmal seine Spenderinnen und Spender.
Zeitzeugen erinnern sich
Dank der Zeitzeugenaufrufe, mit denen uns zahlreiche regionale Medien unterstützen, konnten wir aus vielen unserer Einsatzgebiete nach dem Zweiten Weltkrieg Menschen finden, die sich noch persönlich daran erinnern können, wie Save the Children ihnen als Kind geholfen hat. So konnten wir u.a. Kontakt zu dem Patenkind von Bridget Stevenson, Sabine Wegener, herstellen. Sie verbrachte ihre Kindheit in Uelzen, wo ihre ganze Familie - Mutter, Vater, Tante und Oma - für den Save the Children Fund tätig waren. Später war sie langjährge Mitarbeiterin der Chefredaktion des Hamburger Abendblattes, das nach dem Zweiten Weltkrieg oft über notleidende Familien und die Hilfe von Save the Children berichtete.
Die Geschichten der Zeitzeugen werden wir nach und nach veröffentlichen.