Ostafrika: Der Natur ausgeliefert
Erst kam die Dürre, dann der Regen und nach ihm die Heuschrecken. Im Osten Afrikas jagt eine Katastrophe die nächste. Schon vor Monaten warnten Experten vor einer drohenden Hungersnot. Corona hat die Lage nun weiter verschärft – vor allem für die Kinder. Wie der Alltag während der Pandemie in Kenia, Äthiopien und Somalia konkret aussieht, erzählt unser Mitarbeiter Joachim Rahmann.

Wie ist die Situation derzeit in Ostafrika?
Joachim Rahmann: Die Länder in Ostafrika hatten sich ja auch vor der aktuellen Krise noch nicht von den Dürren der letzten Jahre erholt. Somalia ist beispielsweise dieses Jahr von Überschwemmungen betroffen gewesen und die ganze Region leidet unter der Heuschreckenplage, die die Erholung der Land- und Viehwirtschaft in Frage stellt und stark bedroht. Und aufgrund dieser humanitären Situation sind ja auch aktuell schon mehr als 9 Millionen Kinder akut unterernährt, mehr als 27 Millionen Menschen sind von Ernährungsunsicherheit bedroht und auf die Situation kommt jetzt noch die Corona-Krise.
Welche Folgen hatte die Corona-Krise?
Joachim Rahmann: Alle Länder in der Region haben frühzeitig Kontaktbeschränkungen unternommen, die das öffentliche Leben einschränken. Das ist besonders gefährlich für die Ärmsten, die oft in großen Städten davon leben, als Tagelöhner oder als Verkäufer auf den Straßen ihr Geld zu verdienen und die jetzt an einem starken Einkommensrückgang leiden. Gleichzeitig sind die Lebensmittelmärkte noch geöffnet, die Versorgung vor Ort ist durchaus möglich – es steigen aber die Preise und bei sinkendem Einkommen bringt das viele Familien an den Rand ihrer Existenz. Es hat aber auch starke Auswirkungen auf Kinder, für die aktuell das Radio der einzige Zugang zu Bildung ist.
Was bedeutet das für die Kinder dort im Moment?
Joachim Rahmann: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise treffen die Kinder natürlich ganz besonders. Nach wenigen Fällen wurden die Schulen in allen Ländern in der Region geschlossen und das gefährdet natürlich ganz massiv die Zukunft dieser Kinder. Wir haben darüber hinaus natürlich auch andere Auswirkungen auf das Gesundheitssystem.

Wie wird aktuell geholfen?
Joachim Rahmann: Die Arbeit von Save the Children beruht auf fünf Säulen: Zum einen unterstützen wir direkt die Corona-Hilfe, beispielsweise dadurch, dass wir Isolationsstationen in Krankenhäusern ausstatten. Zweitens halten wir die Mütter-und-Kinder-Gesundheitsversorgung aufrecht. Drittens sorgen wir dafür, dass jedes Kind weiterhin Zugang zu Bildung hat, wir sorgen dafür, dass Familien durch Bargeldtransfers diese Zeit gut überstehen können. Und die psychosoziale Situation von Kindern versuchen wir durch Radioangebote, durch Programme über Megafon in den Gemeinden so zu verbessern, damit die Kinder in der Situation gut geschützt sind.
Was muss passieren, damit die Lage nicht eskaliert?
Joachim Rahmann:Die Hilfe vor Ort ist bereits angelaufen, aber sie reicht bei Weitem nicht aus. Es muss sichergestellt werden, dass die Gesundheitsversorgung – gerade für Kinder – insgesamt weiter aufrechterhalten wird und es müssen auch internationale Hilfslieferungen sichergestellt werden. Zudem ist wichtig, dass die landwirtschaftliche Produktion weitergeht und dass wir gerade jetzt – in der Krise – die Gesundheitssysteme stärken, soziale Sicherungssysteme stärken und natürlich Beschäftigungsmöglichkeiten und landwirtschaftliche Produktion so aufstellen, dass sie weitergehen und dass die Corona-Folgen nicht über Jahre andauern.