Zusammenwachsen und vernetzen: Psychosoziale Trainings
Lena Elisa Grabowski ist Traumatherapeutin und leitet für Save the Children Trainings an, in denen Ehrenamtliche und Fachkräfte im Umgang mit psychisch belasteten und traumatisierten Kindern und Familien geschult werden. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit und die vielen Herausforderungen gesprochen, die ihr dabei begegnen.
Unsere Trainings
Viele der Kinder und Jugendlichen, die nach Deutschland flüchten, sind aufgrund des Erlebten psychisch stark belastet. Fachkräfte und Ehrenamtliche sind häufig erste Kontaktpersonen und können in dieser Situation einen wichtigen Beitrag zur Entlastung und zur Stabilisierung leisten. Save the Children bietet bundesweit zweitägige Trainings an, um sie in ihrer Rolle und Kompetenz im Umgang mit psychisch belasteten und traumatisierten Kindern zu stärken und sie in der Selbstfürsorge zu schulen.
Als Traumatherapeutin begleitet Lena Elisa Grabowski seit 15 Jahren Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die unter Traumafolgestörungen oder unter existenziellen Konflikten leiden. Außerdem leitet sie entsprechende Weiterbildungen für Fachkräfte und ist Fall - Supervisorin für Kinderschutz. Auch für Save the Children ist sie im Bereich psychosoziale Unterstützung tätig und hat bereits sieben Trainings für Fachkräfte und Ehrenamtliche angeleitet, die mit geflüchteten Kindern und Familien arbeiten.
WELCHEN SCHWERPUNKT BEHANDELN DIE TRAININGS?
Lena Elisa Grabowski: Ich arbeite mit den Teilnehmer*innen erst einmal heraus, wo eigene Fähigkeiten und Stärken liegen. Dann erarbeite ich mit Ihnen, wo die persönlichen Grenzen liegen und zu welchem Zeitpunkt es sinnvoll sein kann, Verantwortung an entsprechende Unterstützungsnetzwerke abzugeben. Ich begleite sie darin, den Wert ihrer Arbeit zu erkennen und sich bewusst zu werden, dass die psychologische erste Hilfe, ihre Achtsamkeit, Präsenz und ein mitfühlender Beziehungsaufbau Betroffenen wirklich hilft. Gleichzeitig vermitteln wir, dass es Themen außerhalb ihres Wirkbereichs gibt und sie diese Grenze wahrnehmen lernen. Dabei stoßen wir immer wieder auf den größten Diskussionspunkt: Den Fachkräftemangel.
Wie geht ihr damit um, dass man das System nur schwer ändern kann?
Lena Elisa Grabowski: In dem wir üben, in kleinen Schritten zu denken und zu handeln. Vielleicht gibt es bereits jemandem im Team, der schon traumapädagogische Hintergrunderfahrung hat, tiefer in bestimmte Situationen hineingehen kann und der zu Rate gezogen werden kann? Viele Ehren- und Hauptamtliche wissen z.B. nicht, dass es die Möglichkeit der Supervision gibt und wie solche Angebote beantragt werden können. Auch hier sehe ich meine Aufgabe darin, zu beraten und Prozesse anzustoßen. Mein persönlicher Schwerpunkt in den Trainings liegt darin, sowohl auf die einzelnen Bedürfnisse vertieft einzugehen als auch die Gruppe im Blick zu haben.
"Ich weiß, wie das ist."
Die Teilnahme und Perspektive von Menschen mit eigener Fluchtgeschichte ist enorm wichtig, denn in vielen Situationen können sie sagen: „Ich weiß, wie das ist.“, und somit anderen Betroffenen Hoffnung und Mut vermitteln.
Lena Elisa GrabowskiWelche Menschen kommen in den Workshops zusammen?
Lena Elisa Grabowski: Viele unterschiedliche Menschen, die teilweise auch selbst in ihrer Vergangenheit von Krieg und Flucht betroffen waren. Gerade für diese Personen können die Trainings besonders herausfordernd werden, weil sie starke Erinnerungen hervorrufen und entsprechende Symptome aktivieren können. Ich versuche diese Personen besonders im Blick zu haben und auf ihre Bedürfnisse zu achten.
Was nehmen die Teilnehmer*innen aus den Workshops mit?
Lena Elisa Grabowski: Während der Trainings werden immer wieder Fragen zu konkreten Situationen gestellt, die wir supervisorisch bearbeiten. Dieses Format ist oftmals besonders beliebt. Am Ende der zwei Tage melden uns viele Teilnehmer*innen zurück, dass sie sicherer und handlungsfähiger geworden sind. Gerade die Methodenschatzkiste ist dabei ein hilfreiches Tool. Jede*r Teilnehmer*in kann sie mit nach Hause nehmen und direkt damit arbeiten.
Mir ist außerdem wichtig, dass die Gruppen die Möglichkeit haben, zusammenzuwachsen und sich zu vernetzen - was zum einen zu neuen Freundschaften, aber auch zu beruflichen Verbindungen führt. Diese Art von Netzwerk kann Einzelne tragen und Personen mit Fluchthintergrund eine weitere, tiefere Integration ermöglichen.
Gibt es etwas, das du von den Teilnehmer*innen lernst?
Ich bin total beeindruckt
Ich bewundere immer wieder die Stärke von vielen Teilnehmer*innen – gerade von denen mit eigener Fluchtgeschichte. Sie haben, neben ihren Kriegs- und Fluchterfahrungen, teilweise mit viel Ausgrenzung und Diskriminierung zu kämpfen und machen trotz allem diese Arbeit. Das ist absolut beeindruckend.
Lena Elisa GrabowskiLena Elisa Grabowski: Ich stelle mir immer wieder die Frage, wie wir noch mehr Haupt- und Ehrenamtliche erreichen können, die nicht deutsch sprechen. Es gibt sehr viele Menschen, die sich in der Arbeit mit Geflüchteten engagieren und für die ich das Angebot gerne barrierearmer - zum Beispiel durch leichte Sprache - gestalten möchte.
Insgesamt merke ich, dass wir mit psychosozialer Arbeit bereits einen wertvollen Beitrag leisten und da eine große Anerkennung hingehört.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen zum Projekt sowie weiterführende Materialien finden Sie hier.