Mütterliches Stillen schützen
Ob eine Mutter ihr neugeborenes Kind selber stillt oder es mit industriell hergestellter Säuglingsnahrung füttert ist eine Entscheidung, die Eltern unter Einbezug verschiedener Faktoren treffen. Jedoch zeigen eine wachsende Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen, dass Flaschenmilch nicht annähernd so nahrhaft ist wie das Original.

Aufgrund der zahlreichen positiven Wirkungen von Muttermilch auf die Gesundheit und Entwicklung eines Kindes empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Müttern, ihre Babys während der ersten 6 Lebensmonate ausschließlich zu stillen. Laut einer Studie des Lancet Magazins aus dem Jahr 2016 könnten so jährlich über 800,000 Kinderleben gerettet werden.
Nichts kann Muttermilch ersetzen
Obwohl also Muttermilch gesünder und um einiges kostengünstiger ist, als teure Flaschennahrung, wuchs der globale Markt für deren Produktion in den letzten zwei Jahrzenten um das Fünffache. In dem von Save the Children veröffentlichten Bericht „Don’t Push It“ werden dafür verschiedene Gründe aufgezählt: Steigende Einkommen, Urbanisierung, steigende Anzahl von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und mangelnde politische Richtlinien sowie Gesetzgebungen, die Frauen zum Stillen befähigen und ermutigen. Der Bericht beschreibt allerdings auch, dass vor allem die wirtschaftlichen Interessen multinationaler Konzerne maßgeblich hinter dieser Entwicklung stehen.
Aggressive Vermarktung hat schwerwiegende Folgen
Ihre aggressiven Bewerbungs- und Verkaufsstrategien führen dazu, dass immer mehr Frauen in ihrer Entscheidung, ihr Kind zu stillen, beeinflusst werden. Bewusst werden sie über die positiven Effekte des Stillens im Unklaren gelassen und angebotene Nahrung wird als gleichwertig gegenüber der Muttermilch vermarktet. Vor allem Frauen in Entwicklungs- und Schwellenländern sind überproportional von den Risiken betroffen, die mit dem Füttern von Muttermilchersatzprodukten einhergehen. Beispielsweise haben viele nur mangelnde Zugänge zu sauberem Trinkwasser um die Nahrung anzurühren. In der Folge erkranken Kinder häufig an Durchfall, oft mit tödlichen Folgen.

„Milchkodex“ soll mütterliches Stillen schützen
Dieser Entwicklung gegenüber steht eine globale Anstrengung, das mütterliche Stillen zu schützen und zu unterstützen, die auf der diesjährigen Weltgesundheitsversammlung (WHA) in Genf neuen Wind bekommen hat. Bereits vor circa 40 Jahren wurde der „Internationale Kodex zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten“ (“Milchkodex“) von den Mitgliedsländern der Weltgesundheitsorganisation angenommen. Der Kodex richtet sich gegen die aggressive Bewerbung industriell hergestellter Muttermilchersatznahrung durch Konzerne und legt Handlungsempfehlungen dar, die sie auf freiwilliger Basis annehmen können. Regierungen sollten den Kodex darüber hinaus in ihre nationalen Gesetze und Regularien aufnehmen.
Dieser Kodex sollte dieses Jahr durch die Verabschiedung eines internationalen Beschlusses zur Förderung des Stillens (Resolution on Infant and Young Child Feeding) unterstützt werden, indem dessen Umsetzung verlangt wird und Muttermilch als gesündeste Art der Babynahrung benannt wird. Sowohl Milchkodex und Resolution sind nicht bindend und werden deshalb weiterhin von vielen Konzernen missachtet. Die Konsequenz: Verstöße zugunsten der eigenen Profite, wie zum Beispiel die gezielte Ansprache von Gesundheitspersonal oder das Verteilen von Gratisproben.
Politik und Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen
In unserer internationalen politischen Arbeit setzt sich Save the Children deshalb dafür ein, dass Unternehmen jene Vermarktungsstrategien beenden, die Eltern – also potentielle Kunden der Säuglingsnahrung – davon abhalten zu stillen. Auch Regierungen müssen in die Verantwortung gezogen werden und den Milchkodex in ihre Gesetzgebung und Regularien aufnehmen. In Indien zeigten sich dadurch bereits nachweislich positive Folgen. Dort gibt es seither weniger Verstöße von Unternehmen als in Ländern, in denen der Milchkodex nicht in die Gesetzgebung aufgenommen wurde.
Zur Autorin: Mariam Salloum ist Advocacy Managerin für die Bereiche Gesundheit und Ernährung bei Save the Children Deutschland.