Neuer Bericht: So kann die deutsche Bundesregierung Kinder vor Klimafolgen schützen
Unser Next-Generation-Bericht "Kinderrechte in der Klimakrise: Gesundheit und Ernährung" zeigt, dass die Klimakrise die Gesundheit von Kindern weltweit aufs Spiel setzt. Klimafolgen sind in Form von Extremwetterereignissen schon weltweit spürbar und werden in den nächsten Jahren immer mehr Menschen betreffen. Wir erklären, wie die deutsche Bundesregierung Kinder besser vor Klimafolgen schützen kann und geben Handlungsempfehlungen für ihr Engagement in Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe.
Die Klimakrise ist eine Kinderrechtskrise
Hitzewellen, langjährige Dürren, starke Regenfälle, Stürme – diese Extremwetterereignisse werden durch die Klimakrise vielerorts öfter und stärker auftreten. Und sie haben gefährliche Folgen für die menschliche Gesundheit, insbesondere für Kinder. Die genauen Ausmaße stellen wir in unserem neuen Next Generation-Bericht "Kinderrechte in der Klimakrise: Gesundheit und Ernährung" vor.
Im Nachgang von Extremwetterereignissen fehlt es oft an Zugang zu sauberem Wasser und Gesundheitsversorgung, sodass Durchfall- und andere Infektionskrankheiten sich schneller ausbreiten. Hinzu kommen indirekte Folgen für das Leben von Kindern, wenn zum Beispiel ihre Schule durch Überflutung zerstört wird und sie keine Bildung mehr erhalten, oder wenn ihre Familien ihre Ernte durch eine Dürre verlieren und deswegen nicht genug Nahrung vorhanden ist.
Dies sind keineswegs seltene, isolierte Ereignisse: Laut einem Index von UNICEF leben eine Milliarde Kinder – also fast die Hälfte aller Kinder auf der Welt – in Ländern, die besonders anfällig für Klima- und Umweltrisiken sind. Die Klimakrise bedroht direkt ihre Rechte auf ein gesundes Leben, auf Nahrung, Schutz und Bildung.
Was tun für mehr wirksamen Schutz?
Deswegen haben wir uns die Frage gestellt: Was tun? Die deutsche Bundesregierung ist inzwischen der weltweit zweitgrößte Geber von Finanzmitteln für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Die Gebiete, in denen diese Gelder zum Einsatz kommen, werden durch die Klimakrise vor neue Herausforderungen gestellt – und dementsprechend muss auch das deutsche Engagement sich darauf einstellen. Dafür spielen besonders Investitionen in die Gesundheit und Ernährung von Kindern eine Rolle, die auch Investitionen in den Schutz vor bereits spürbaren Klimafolgen sind.
Für unseren Bericht haben wir mit Expertinnen und Experten gesprochen, unter anderem von Save the Children Somalia und vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Zudem haben wir jugendliche Aktivist*innen nach ihren Erfahrungen und Wünschen gefragt. Damit haben wir drei transformative Ansätze identifiziert, mit denen die Bundesregierung mehr für den Schutz von Kindern vor Klimafolgen tun kann:
1. Präventiv handeln bei Naturkatastrophen
Wenn ein Extremwetterereignis einsetzt, brauchen Kinder vor Ort vor allem frühzeitige Unterstützung, zum Beispiel zur Evakuierung in angemessene Schutzräume, zur Behandlung von Verletzungen und Krankheiten, und zur Bereitstellung von Nahrung und Trinkwasser. Aber wenn Finanzmittel für humanitäre Hilfe erst dann beantragt und ausgeschüttet werden, wenn sich eine Katastrophe ereignet, ist es oft zu spät. Deswegen schlagen wir vor, die sogenannte "anticipatory action" (vorausschauende humanitäre Hilfe) zu stärken. Dabei werden Gelder bereitgestellt, sobald bestimmte Frühwarnindikatoren überschritten werden, zum Beispiel bestimmte Regenmengen oder Dürretage. Diese Indikatoren und Gelder werden vorher vom Geber, zum Beispiel der Bundesregierung, festgelegt. Damit werden die Menschen vor Ort viel schneller erreicht und langfristige Schäden können vermieden werden.
2. Gesundheitssysteme krisenfest machen
Eine hochwertige Gesundheitsversorgung hilft bei vielfältigen, klimabedingten Gefahren: Sie bietet eine Anlaufstelle bei Mangelernährung, hitzebedingten Problemen und Infektionskrankheiten. Letztere können sich durch den Klimawandel oft schneller verbreiten, wenn zum Beispiel der Zugang zu sauberem Wasser fehlt oder Mücken sich in bestimmten klimatischen Bedingungen schneller ausbreiten. Eine gut zugängliche Gesundheitsversorgung mit Zugang zu Impfungen und Medikamenten wirkt dabei auch präventiv und schützt Kinder vor Klimafolgen.
Bei Extremwetterereignissen werden die Versorgungsketten allerdings oft unterbrochen, wenn Gesundheitseinrichtungen und andere Infrastruktur wie Straßen und Stromnetze zerstört werden. Kinder sind dann besonderen Gefahren ausgesetzt. Gesundheitssysteme müssen deswegen krisen- und klimawandelfest gestaltet werden und in Krisensituationen funktionsfähig bleiben. Die deutsche Bundesregierung kann hier durch ihr Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls einen Beitrag leisten, wenn sie einen Schwerpunkt auf Gesundheitssystemstärkung legt.
3. Kurz- und langfristige Maßnahmen verzahnen
Die Folgen der Klimakrise stehen in einer komplexen Wechselwirkung mit bewaffneten Konflikten: Oft treten beide gemeinsam auf, wenn klimabedingte Ressourcenknappheit zum Beispiel Konflikte verstärkt und verlängert. Menschen in Konfliktgebieten sind besonders anfällig für klimabedingte Gesundheitsrisiken, besonders wenn sie vertrieben wurden und keinen Zugang zu ausreichender Versorgung haben.
In diesen Situationen müssen zwei Ziele parallel mitgedacht werden: Einerseits muss humanitäre Hilfe die akuten Bedarfe decken. Andererseits braucht es eine langfristige, an neue klimatische Bedingungen angepasste Perspektive – also müssen so schnell wie möglich funktionierende Gesundheitssysteme und stabile Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden.
Dafür sind Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit besonders gut geeignet. In einem sogenannten "Nexus-Ansatz", der die Kombination von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit beinhaltet, können diese beiden Dimensionen verzahnt umgesetzt werden. Damit werden die kurz- und langfristigen Bedarfe von Kindern möglichst umfassend und lückenlos gedeckt.