Kinder ohne Papiere und Rechte: „Es war wie im Gefängnis“
Viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete erhalten keine Papiere und werden folglich ohne Perspektive zurückgelassen. Ihr Recht auf Schutz wird verweigert, vor allem in Griechenland. Die Kinder und Jugendlichen leben unter unwürdigen Verhältnissen und sind besonders gefährdet, missbraucht und ausgebeutet zu werden. Das zeigt ein neuer Bericht von Save the Children und dem Griechischen Geflüchtetenrat.
Konflikte, Kriege, Verfolgung, Hunger und Naturkatastrophen – es sind lebensbedrohliche Bedingungen, die Menschen weltweit dazu zwingen, die Flucht zu ergreifen. Dabei wollen sie nur eines: Überleben. Diejenigen, die es über die gefährlichen Fluchtwege wie etwa über das Mittelmeer nach Griechenland schaffen, hoffen in Europa auf Sicherheit und Schutz. Sie beantragen Asyl, also Schutz vor Gefahr oder Verfolgung. Das Asylrecht ist eines der Grundrechte der EU und soll Menschen gewähren, in einem sicheren Staat leben zu dürfen.
Recht auf Schutz wird verweigert
Doch die Realität sieht anders aus: Der griechische Staat lehnt derzeit mehr als zwei Drittel der Asylanträge von schutzsuchenden Kindern und Jugendlichen ab. Untersuchungen im Rahmen des Reports „Without Papers, There is No Life“ fanden heraus, dass in Griechenland im Jahr 2022 nur 981 von 3175 Asylanträgen von unbegleiteten Kindern bewilligt wurden. Die übrigen Anträge wurden entweder abgelehnt oder befinden sich in einem langwierigen Asylverfahren. Die Zahlen belegen, dass vielen unbegleiteten Kindern das Recht auf Schutz verweigert wird und sie allein zurückgelassen werden, wenn sie die Dokumente nicht erhalten, die für ihren legalen Verbleib im Land erforderlich sind.
Für den Bericht wurden das griechische Asylsystem analysiert und ausführliche Interviews mit zwölf unbegleiteten Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Darin wird beschrieben, wie Kinder juristisch daran gehindert werden, Dokumente zu erlangen und welche Auswirkungen dies auf ihr Leben hat. Eines dieser Kinder ist der 14-jährige Mahir* aus dem Irak, der derzeit im Geflüchtetencamp Alexandreia in Griechenland lebt. Er erzählt:
Unwürdige Lebensbedingungen
Kinder ohne Papiere leben in Griechenland in einer extrem prekären Situation. Viele trauen sich nicht, ihre Unterkunft zu verlassen, weil sie ins Visier der Behörden geraten könnten. Unbegleitete Kinder, die als Erwachsene registriert sind, können inhaftiert oder abgeschoben werden. Hinzu kommt, dass nach griechischem Recht Asylbewerber*innen, die durch ein „sicheres Drittland“ gereist sind, dorthin zurückgeschickt werden können und sich daher viele Kinder gezwungen fühlen, ihre gefährliche Reise in andere EU-Länder fortzusetzen. Sie sind extrem gefährdet, Gewalt zu erfahren, missbraucht und ausgebeutet zu werden.
Junge Geflüchtete müssen Schutz erhalten
Auch Deutschland und andere EU-Staaten erschweren geflüchteten Kindern und Jugendlichen durch bürokratische Hürden die Aussichten auf eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz. Diese Hürden müssen abgebaut werden, um jungen schutzsuchenden Menschen Zukunftsaussichten zu geben, fordert Save the Children. Marvin Mc Neil, Advocacy Manager für Flucht und Migration bei Save the Children Deutschland sagt:
Wer zulässt, dass Kindern das Recht auf eine sichere Zukunft genommen wird, dass sie misshandelt und ausgebeutet werden, nimmt ihnen regelrecht das Leben. Das beschreibt der 17-jährige Hakim* aus Afghanistan, der in Griechenland nicht registriert ist:
* Namen zum Schutz geändert