„Ich möchte nicht eingesperrt sein“
Ich habe viel gelesen über Kinder, die in Flüchtlingscamps eingeschlossen sind. Ich habe Menschen darüber reden hören und ich habe Videos davon gesehen. Aber nichts kann dich darauf vorbereiten, ein geflüchtetes Kind hinter Gittern zu sehen, unschuldig festgehalten in einem überfüllten Flüchtlingslager. Mit deinen eigenen Augen zu sehen, wie Kinder hinter Stacheldraht eingesperrt wurden, ist ein vollkommen anderes, ein schreckliches Erlebnis.

Als ich das Camp in Moria auf der griechischen Insel Lesbos besucht habe, spielten einige Kinder auf dem nackten Betonboden, andere standen am Zaun mit ihren Händen am Stacheldraht und sahen verbittert nach draußen. In ihren Augen spiegelte sich die pure Verzweiflung. Mein erster Gedanke war Verwirrung und Fassungslosigkeit: Diese Kinder haben nichts Falsches getan – warum werden sie eingesperrt? Dann kamen die Trauer und dieses beißende Gefühl der Ungerechtigkeit, die meinen Magen zuschnürten.
Allein gelassen
Viele der Kinder, die ich auf Lesbos getroffen habe, waren allein – sie haben keine Familie, die sie beschützt und sich um sie kümmert – niemanden, der ein Auge auf sie hat, während sie schlafen, niemanden, der sie wieder aufrichtet, wenn die Tage endlos und die Hindernisse zu schwer erscheinen.
Die meisten Kinder sind vor Kugeln, Bomben und dem Tod geflohen. Sie sind in Griechenland, weil sie eine Entscheidung getroffen haben: Sie haben sich entschieden, zu leben und Schutz in einem anderen Land zu suchen. Dafür werden sie jetzt bestraft.
Eines dieser Kinderflüchtlinge berichtete meinem Kollegen: „Ich fühle mich so allein, weil ich von meinen Freunden und meiner Familie getrennt und gezwungen wurde, hierher zu kommen. Ich will hier raus, ich will nicht im Gefängnis sitzen!“
Festgehalten
Die aktuelle Grenzschließung auf dem Balkan im nördlichen Griechenland und das EU-Abkommen mit der Türkei bedeuten, dass tausende allein reisende Kinder in Flüchtlingscamps, Polizeistationen und Notaufnahmelagern in Griechenland festsitzen.
Andere müssen in Parks oder informellen Camps schlafen aus Angst davor, festgenommen zu werden. Dadurch werden Kinder schneller Opfer von Missbrauch, Gewalt und Ausbeutung. Auch für Schlepper sind diese Kinder ein leichtes Ziel.
Die griechische Regierung ist völlig überfordert und hat nicht genügend Ressourcen, um die Kinder zu schützen und zu versorgen. Die Camps, in denen sich allein reisende Kinder jetzt befinden, sind vollkommen überfüllt und die griechische Regierung sucht händeringend nach Alternativen.
Save the Children arbeitet gemeinsam mit lokalen Partnern und der Regierung daran, allein geflüchtete Kinder in Griechenland zu schützen, aufzuklären und sie zu unterstützen. Doch es sind tausende Kinder, die unter diesen unmenschlichen Bedingungen leben – und jeden Tag kommen weitere dazu. Die EU und Griechenland müssen verhindern, dass Kinder ungerechtfertigt eingesperrt werden und sichere, freie Unterbringungsmöglichkeiten schaffen. Kein Kind, das Schutz sucht, darf eingesperrt werden.
Über die Autorin: Sacha Myers arbeitet als Kommunikations- und Mediamanagerin für Save the Children und besuchte das Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Im Original erschien dieser Blog auf Englisch.