Welttag der humanitären Hilfe 2017: #NotATarget
13,5 Millionen Menschen in Syrien sind immer noch auf humanitäre Hilfe angewiesen, ein Drittel davon leben in belagerten und schwer zugänglichen Gebieten. Die Hälfte von ihnen sind Kinder. Im Jemen sind es 18 Millionen Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen und zusätzlich grassiert dort eine Cholera-Epidemie, an der sich mittlerweile 400.000 Menschen infiziert haben. Am stärksten sind vulnerable Gruppen davon betroffen, darunter die zwei Millionen Kinder, die im Jemen unter Mangelernährung leiden. In den Dürre- und Hungergebieten am Horn von Afrika, im Südsudan und in der Tschadseeregion sind es weitere 20 Millionen Menschen die humanitäre Hilfe benötigen. Zusammengenommen sind das mehr Menschen, als die gesamte Bevölkerung von Spanien. Diese Zahlen alleine müssten eigentlich zu einer weltweiten Welle der Hilfsbereitschaft führen. Geberländer müssten sich in der Verantwortung sehen, die humanitären Hilfspläne vollumfänglich zu finanzieren, und humanitäre Helfer müssten uneingeschränkten Zugang zu den Menschen in Not erhalten, um sie sie mit dem Notwendigsten versorgen zu können. Eigentlich.

Bewaffnete Konflikte als Hauptursache für humanitäre Krisen
Wohl kaum jemand hätte gedacht, dass der Welttag der Humanitären Hilfe am 19. August von Jahr zu Jahr wichtiger und bedeutender werden würde. Es ist eine tragische Tatsache, die die internationale Gemeinschaft jedes Jahr im August innehalten lässt: Wie kann es sein, dass der humanitäre Bedarf kontinuierlich größer wird und gleichzeitig die Angriffe auf Menschen in Not und humanitäre Helfer ansteigen? Ein wichtiger Teil der Antwort ist sicherlich, dass es bewaffnete Konflikte sind, die die Hauptursache für diese humanitären Krisen sind. Wie der UN-Generalsekretär António Guterres in seinem aktuellen Bericht zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten an den UN-Sicherheitsrat schreibt, wird 97 Prozent der humanitären Hilfe in komplexen Krisensituationen geleistet, und eine Vielzahl der am Konflikt beteiligten Akteure respektieren Menschenleben und Menschenwürde nicht.
#NotATarget
Das Thema für den diesjährigen, neunten Welttag der humanitären Hilfe lautet „#NotATarget“ („Keine Zielscheibe“). Allein im Jahr 2016 wurden 288 humanitäre Helfer im Einsatz für Menschen in Not getötet, verwundet oder verschleppt – die große Mehrheit von ihnen in Syrien, Afghanistan und im Südsudan. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht dar. Wenn Frieden und Gerechtigkeit in diesen Ländern eine Chance haben sollen, wenn die Kinder in diesen Ländern echte Perspektiven für ihre Zukunft haben sollen, dann müssen die Verantwortlichen für diese Angriffe auf humanitäre Helfer – wie auch auf Kinder, Frauen und Männer – zur Rechenschaft gezogen werden.
Humanitäres Völkerrecht muss eingehalten werden
Save the Children arbeitet in 120 Ländern weltweit. Darunter sind 50 Länder, die von einer humanitären Krise betroffen sind. Neben der programmatischen Arbeit in den Bereichen Kinderschutz und Bildung in Krisen setzen wir uns seit Jahren in der politischen Arbeit dafür ein, dass humanitäres Völkerrecht von allen an einem Konflikt beteiligten Akteuren eingehalten wird. Save the Children fordert außerdem Schutz für alle Zivilisten, vor allem für die 246 Millionen Kinder in Konfliktgebieten, sowie die kontinuierliche Bereitstellung von Bildungsmaßnahmen – auch, und ganz besonders, in humanitären Krisen und Konflikten.
Stärkung des internationalen Völkerrechts & uneingeschränkter Zugang
Im Rahmen ihrer Kandidatur für den UN-Sicherheitsrat, und auch darüber hinaus, setzt sich die Bundesregierung auf den unterschiedlichsten Ebenen für eine Stärkung des internationalen Völkerrechts ein. Das gilt auch für den Bereich „Kinder in bewaffneten Konflikten“, wozu es im Frühjahr 2017 ein Seminar mit allen relevanten Akteuren im Auswärtigen Amt gab. Deutschland brachte darüber hinaus im Juni 2017 wichtige Impulse in das Humanitäre Segment des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen ein.
Noch wichtiger, aber auch schwieriger zu erreichen, sind spürbare und dauerhafte Verbesserungen der Situation der Menschen vor Ort. Hier kann auch die Bundesregierung noch mehr tun – durch politischen, diplomatischen Druck auf Konfliktparteien, in Syrien, in Somalia, im Jemen und anderswo uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewähren; durch einen höheren, angemessenen Anteil an der Finanzierung der humanitären Hilfspläne für Krisen- und Konfliktgebiete, um humanitäre Helfer überhaupt erst in die Lage zu versetzen, Hilfe leisten zu können; durch eine verstärkte Anwendung des Weltstrafrechts in Deutschland, das es ermöglicht, Kriegsverbrecher zur Verantwortung zu ziehen; und durch eigene klare politische Verpflichtungen, wie die Unterzeichnung der Erklärung zum Schutz von Schulen in bewaffneten Konflikten. Denn am Ende wird durch jede humanitäre Krise und jeden Konflikt die Zukunft von Millionen von Kindern zur Zielscheibe. Sie alle haben aber ein Anrecht auf Schutz und Bildung – egal, wer sie sind und wo sie leben.
Wir alle haben eine Verantwortung
Der Welttag der humanitären Hilfe ist für Save the Children eine Möglichkeit, den vielen tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Krisen- und Konfliktländern für ihren Einsatz zu danken und politische Entscheidungsträger daran zu erinnern, dass dauerhafter Frieden und Gerechtigkeit nur durch vehementen politischen Einsatz gelingen können. Wir alle haben eine Verantwortung dafür, dass trotz Gewalt und weltweiten Konflikten, humanitäre Helfer, Kinder und ihre Familien künftig keine Angriffsziele mehr sind. Sie sind „#NotATarget“.