5 Fakten zu humanitärer Hilfe und ihrer Bedeutung für Kinder weltweit
In den Medien ist der Begriff der humanitären Hilfe allgegenwärtig. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? Auf welchen Grundsätzen und Regeln basiert er? Und wie können Maßnahmen der humanitären Hilfe dazu beitragen, Millionen von Kindern und ihre Familien in Krisen- und Konfliktgebieten eine Zukunft zu ermöglichen? In fünf Fakten geben wir die Antworten.
Die Machtübernahme in Afghanistan, der bewaffnete Konflikt im Jemen, das Erdbeben von Haiti – die Liste an Ereignissen, die das Überleben von Kindern gefährden, ist lang. Häufig sind die dadurch ausgelösten Krisen für Staaten alleine nicht zu bewältigen.
An dieser Stelle setzt die internationale humanitäre Hilfe an: Ihr Ziel ist es, Menschen in akuten Notlagen zu unterstützen – egal, wo sie sich befinden. Für humanitäre Helfer*innen besteht oft großer Zeitdruck, schlechte Sicherheitslagen und komplexe Bedarfe. Menschen brauchen gleichzeitig medizinische Unterstützung, Nahrung und Unterkunft – das alles gilt es zu organisieren und vorzubereiten. Hier kommen fünf Einblicke in die Grundlagen und die Arbeit der humanitären Hilfe weltweit.
1. Humanitäre Hilfe muss stets unparteilich und bedarfsorientiert sein
Der Begriff der “humanitären Hilfe” ist ein feststehender Begriff, der im Kern auf vier Prinzipien beruht: Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Auf diese Prinzipien hat sich die internationale Staatengemeinschaft geeinigt und dies in den UN-Resolutionen von 1991 und 2003 als Grundlage der weltweiten humanitären Hilfe festgelegt.
Mit Menschlichkeit ist gemeint, dass menschliches Leid überall auf der Welt gemindert werden muss. Dabei müssen jene Menschen im Mittelpunkt stehen, die besonders gefährdet sind. Das Prinzip der Neutralität besagt, dass humanitäre Hilfe in Konfliktgebieten niemals allein einer bestimmten Konfliktpartei zugutekommen oder Teil des Konfliktgeschehens werden darf. Im Gegenteil: Maßnahmen der humanitären Hilfe müssen unparteilich sein, das heißt, sie müssen sich stets an den Bedarfen von Menschen ausrichten – niemand darf aufgrund des Geschlechts, der Ethnie, der Religionszugehörigkeit oder der Nationalität diskriminiert und davon ausgeschlossen werden.
Das Prinzip der Unabhängigkeit meint schließlich, dass Hilfsmaßnahmen losgelöst von Interessen sein müssen. Humanitäre Hilfe darf also weder politischen, wirtschaftlichen, militärischen noch sonstigen Zwecken dienen.
2. Gerade in bewaffneten Konflikten muss der Zugang zu humanitärer Hilfe jederzeit gewährleistet sein
Neben den vier Prinzipien sind internationale Abkommen und sogenannte UN-Resolutionen wichtige Grundlagen der humanitären Hilfe. Dazu zählt beispielsweise auch die UN-Kinderrechtskonvention zum Schutz der Rechte von Kindern weltweit. In bewaffneten Konflikten gelten zusätzlich die Regeln des “Humanitären Völkerrechts” – diese verpflichten Konfliktparteien, die Zivilbevölkerung zu schützen und Leid auf ein Mindestmaß zu begrenzen.
So muss dafür gesorgt werden, dass humanitäre Helfer*innen zu jeder Zeit Zugang haben, um Menschen in Not uneingeschränkt Hilfe leisten zu können. Konfliktparteien stehen in der Pflicht, diesen Zugang zu gewährleisten und zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen vor Angriffen zu schützen.
Doch die Realität sieht leider oft anders aus: Viel zu häufig kommt es zu Verstößen gegen die humanitären Prinzipien und geltendes Recht. Allein im Jemen wurden 2020 mehr als 3000 Fälle dokumentiert, in denen Konfliktparteien humanitären Helfer*innen den Zugang zu gefährdeten Kindern verweigert haben. Viel zu selten werden die Verantwortlichen für Verbrechen wie diese zur Verantwortung gezogen.
In unserer politischen Arbeit ist es deshalb fundamental, immer wieder auf den Schutz und die Einhaltung der humanitären Prinzipien hinzuweisen. Wir fordern von der deutschen Bundesregierung, sich in ihrem außenpolitischen Engagement für die konsequente Einhaltung rechtlicher Verpflichtungen einzusetzen und internationale Rechtsmechanismen zu stärken.
3. Rund die Hälfte der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, sind Kinder
Bereits zu Beginn des Jahres gingen die Vereinten Nationen davon aus, dass 2021 mehr als 235 Millionen Menschen weltweit irgendeine Form humanitärer Unterstützung benötigen würden – etwa die Hälfte davon Kinder. Damit hat die Zahl einen neuen Höchststand erreicht: Nie zuvor waren so viele Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen wie heute.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben diese dramatische Entwicklung weiter beschleunigt. Von den rund 117,7 Millionen Kindern, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, leben mehr als die Hälfte in nur acht Ländern. Dazu gehören der Jemen, die Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Afghanistan, Sudan, Syrien, Pakistan und Nigeria. Die Ursachen für humanitäre Krisen sind divers: bewaffnete Konflikte, Nahrungsknappheit, Naturkatastrophen sind häufige Auslöser. Oft sind es viele verschiedene Faktoren, die ineinandergreifen und Familien jegliche Existenzgrundlagen und Millionen von Kindern ihre Zukunft rauben.
Damit diese Menschen eine langfristige Perspektive haben, fordern wir politische Entscheidungsträger*innen dazu auf, auch die Ursachen humanitärer Krisen anzugehen. Sie sollten eine kinderzentrierte Außen- und Sicherheitspolitik vorantreiben und sicherstellen, dass kurzfristige humanitäre Hilfsmaßnahmen mit langfristigen Lösungsansätzen verzahnt werden.
4. Während die Bedarfe steigen, sinkt die Finanzierungsbereitschaft für humanitäre Hilfe
Während die humanitären Bedarfe im Zuge der Corona-Pandemie weiter angestiegen sind, klafft im Finanzierungsbereich eine gewaltige Lücke auf: Die Finanzierungsbereitschaft der Geberländer ist auf besorgniserregend niedrigem Niveau, zahlreiche humanitäre Krisen sind chronisch unterfinanziert.
Zu Beginn des Jahres gingen die Vereinten Nationen davon aus, dass für das Jahr 2021 mindestens 29 Milliarden Euro zur Deckung humanitärer Bedarfe benötigt würden. Bislang wurden jedoch lediglich knapp über 30 Prozent der weltweit benötigten Gelder für humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt. Dabei verteilt sich die Finanzierung insgesamt auf wenige Länder – so entfielen 2020 rund 83 Prozent aller Gelder für humanitäre Hilfe auf nur zehn Geberstaaten. Deutschland war dabei nach den USA der zweitgrößte bilaterale Geber im Bereich der humanitären Hilfe weltweit.
Gerade jetzt, angesichts der rasant steigenden Bedarfe, darf die Finanzierungsbereitschaft der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft nicht nachlassen. Sie sollte finanziell und politisch ein deutliches Zeichen setzen und andere Regierungen dazu anhalten, zusätzliche Gelder für humanitäre Hilfe bereitzustellen.
5. Schutz- und Bildungsmaßnahmen für Kinder sind ein wichtiger Teil der humanitären Hilfe
In humanitären Krisen fehlt es häufig an allem, was zum täglichen Leben benötigt wird. Für Kinder ist dies besonders gefährlich, da sie noch heranwachsen und andere Bedarfe haben als erwachsene Menschen. In bewaffneten Konflikten erfahren Kinder oft Gewalt und müssen zusehen, wie Menschen um sie herum getötet oder verletzt werden. All diese Erfahrungen hinterlassen tiefe Spuren und prägen Kinder – oft ihr Leben lang.
Um Kinder in humanitären Krisen zu unterstützen, stellen wir in unserer Programmarbeit Grundlegendes wie Nahrungsmittel, sauberes Trinkwasser, Medikamente und Behausungen zur Verfügung. Oft arbeiten wir dabei eng mit lokalen Partnerorganisationen zusammen. Darüber hinaus richten wir Schutzräume für Kinder ein – Orte, an denen sie sich sicher fühlen können und geschützt sind vor jeglichen Formen physischer und psychischer Gewalt.
Doch auch Bildung ist eine wichtige Komponente, die in der humanitären Hilfe nicht vergessen werden darf. Denn gerade dann, wenn sich humanitäre Krisen über Jahre hinweg verstetigen, ist die Möglichkeit zu lernen für Kinder oft ein – wenn nicht sogar der – zentrale Schlüssel, der ihnen eine Zukunft ermöglicht.
Daher setzen wir uns in unserer politischen Arbeit dafür ein, dass Bildung als zentraler Bestandteil der humanitären Hilfe anerkannt und entsprechend gefördert wird. Wir machen uns dafür stark, dass die sogenannte “Erklärung zum Schutz von Schulen in bewaffneten Konflikten” (Safe Schools Declaration) von Staaten unterzeichnet und in der Praxis umgesetzt wird.